Montag, 17. August 2020
1998 (Nachtrag)
Die Technik und ich werden wohl nie Freunde... aus unerfindlichen Gründen wurde bei meinem Eintrag über den ESC 1998 ein kleiner Absatz nicht akzeptiert; ich versuchte immer wieder, ihn nachzutragen, aber er erschien nie im Text. Ich gebe aber nicht auf und schreibe ihn hier - gedacht ist er zwischen den beiden Videos der Beiträge Kroatiens und des Vereinigten Königreichs:

Das Vereinigte Königreich belegte vor heimischem Publikum zum fünfzehnten Mal Platz 2 und gehört somit neben den fünf Siegen zu den erfolgreichsten Ländern des Wettbewerbs. Der Beitrag „Where are you?“ wurde von Imaani gesungen.

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1999
Der ESC 1999 wurde am 29. Mai zum zweiten Mal in Israel ausgetragen; Veranstaltungsort war wieder Jerusalem. Erstmals führten drei Personen durch den Abend, darunter Dafna Dekel, die ihr Land 1992 vertreten hatte. Wegen der Relegationsregeln mussten Finnland, Griechenland, Nordmazedonien, die Schweiz und die Slowakei pausieren, dafür waren Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Island und Österreich wieder dabei. Litauen kam erstmals seit 1994 zurück, dafür fehlte Russland.

Die Modernisierung des Wettbewerbs schritt sichtbar voran: Es gab kein Orchester mehr, alle Beiträge wurden von einem Halbplayback begleitet; weiterhin galt die Regel, dass alle menschlichen Stimmen live dargeboten werden mussten. Zudem wurde die Sprachfreiheit wieder eingeführt, die schon 1973 bis 1976 galt, das heißt, dass jedes Land ohne Einschränkung entscheiden konnte, in welcher Sprache es seinen Beitrag präsentiert.

Bei der deutschen Vorentscheidung waren u.a. Wind, die deutschen Vertreter von 1985, 1987 und 1992, Jeanette Biedermann und Patrick Lindner dabei. Wieder trat die Situation auf, die schon aus dem Jahr 1976 bekannt war: Der Siegertitel, „Hör den Kindern einfach zu“, gesungen von Corinna May, wurde nach wenigen Tagen wegen Vorveröffentlichung disqualifiziert, und wieder rückte das zweitplatzierte Lied nach. Dieses zeigte, wie die neue Sprachregelung ausgelegt werden konnte, denn „Reise nach Jerusalem – Kudüs‘e seyahat“ wurde auf Deutsch, Türkisch und Englisch gesungen, bei der ESC-Aufführung kamen am Schluss noch ein paar Zeilen auf Hebräisch hinzu. Die Gruppe Sürpriz, die das Lied sang, wurde extra für den Wettbewerb zusammengestellt, sie bestand aus überwiegend in Deutschland lebenden türkischstämmigen Künstlern. Beim ESC belegte der Beitrag Platz 3, kommerziell erzeugte er aber kein Interesse und tauchte in den Verkaufslisten nicht auf.



Für Kroatien sang Doris Dragović, die 1986 bereits Jugoslawien vertreten hatte, das Lied „Marija Magdalena“ und wurde ein Opfer der neuen Regeln, was die Begleitung betrifft: Auf ihrem Playback waren männliche Stimmen zu hören, auf der Bühne waren aber nur Frauen. Ihr 4. Platz wurde ihr nicht aberkannt, für die Berechnung der durchschnittlichen Punktzahl für die Qualifikation in den Folgejahre wurde aber ein bestimmter Prozentsatz gestrichen. Kroatien hatte ein genügend großes Polster, um diese Einschränkung problemlos zu überstehen.



Platz 2 war das beste Ergebnis, das Island bis dahin erzielt hatte. Selma sang „All out of luck“



Für die Gastgeber wünschte die Gruppe Eden zweisprachig „Happy birthday“und belegte Platz 5.



Das Internet verbreitete sich immer mehr, und so konnten sich auch die Fans des ESC international zusammenschließen und organisieren, zudem war es jetzt möglich geworden, alle Beiträge schon im Vorfeld zu hören, zu analysieren und Wetten darauf abzuschließen. So wurde der Beitrag Zyperns hoch gehandelt, auch ein Sieg wurde nicht ausgeschlossen. Die Realität sah anders aus, „Tha‘ne erotas“, gesungen von Marlain Angelidou, landete auf dem 22. und damit vorletzten Platz, hierbei spielten vielleicht auch die fehlenden Punkte aus Griechenland eine Rolle. In den Folgejahren zeigte sich oft, dass eingefleischte Kenner des ESC, die die Lieder im Vorfeld viele Male konsumieren, einen anderen Geschmack als das breite TV-Publikum, das die Beiträge beim Wettbewerb erstmals hört, haben.



Dass die neue Sprachfreiheit nicht zwangsläufig bedeutete, dass die Lieder ganz oder teilweise auf Englisch gesungen wurden, bewies Bosnien-Herzegowina: „Putnici“ wurde von Dino & Béatrice auf Bosnisch und auf Französisch vorgetragen. Sie belegten Platz 7.



Für die Punktevergabe hatten alle Sprecher je ein Glas Rotwein vor sich, um mit den Gastgebern und einem ‚la‘chaim‘ (also ‚zum Wohl‘) anzustoßen – lediglich der Spanier musste zugeben, dass er schon ausgetrunken hatte. Sieger wurde zum vierten Mal Schweden; Charlotte Nilsson sang „Take me to your heaven“.

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1998
Am 9. Mai 1998 trug das Vereinigte Königreich zum achten Mal den ESC aus, Veranstaltungsort war diesmal Birmingham. Die EBU war mit dem Verlauf des Televotings, also der Abstimmung durch die Fernsehzuschauer per Telefon, die im Vorjahr in fünf Ländern probeweise durchgeführt wurde, zufrieden, und so wurde dieses Verfahren jetzt überall durchgeführt, wo dies technisch möglich war. Für den Fall unvorhergesehener Schwierigkeiten (z.B. überlastete Netze) musste jedes Land als Ersatz eine Jury bereithalten, deren Stimmen auch zum Einsatz kamen, wenn sich insbesondere in kleinen Ländern zu wenige Zuschauer an der Abstimmung beteiligten. Die genaue Anzahl der Mindeststimmen wird nicht veröffentlicht. Belgien, Finnland, die Slowakei, Israel und Rumänien waren wieder am Start, und Nordmazedonien nahm erstmals an einem ESC-Finale teil; relegationsbedingt mussten Russland, Dänemark, Bosnien-Herzegowina, Island und Österreich ein Jahr pausieren, Italien zog sich nach einjähriger Teilnahme wieder zurück. Zu den Gastgebern gehörte Terry Wogan, der als langjähriger BBC-Kommentator nicht nur in seinem Land vielen Menschen bekannt war und der sich durch seine oft hochmütigen und abschätzigen Bemerkungen nicht nur Freunde machte.

In Deutschland war das allgemeine Interesse am Wettbewerb, im Gegensatz zu den Vorjahren, sehr groß. Bereits im Herbst des Vorjahres hatte Guildo Horn angekündigt, an der Vorentscheidung teilnehmen zu wollen, und damit die Bevölkerung polarisiert, was von der Bild-Zeitung mit der Überschrift 'Darf dieser Mann für Deutschland singen?' noch verstärkt wurde. Im Laufe der nächsten Wochen war es kaum möglich, diesem Thema zu entgehen, und so siegte das Lied "Guildo hat euch lieb" haushoch; zu den Mitbewerbern bei der Vorentscheidung gehörten Wind, die 1985, 1987 und 1992 beim ESC angetreten waren, und Rosenstolz. In der Zeit vor dem internationalen ESC strahlte das Fernsehen mehrere Sondersendungen aus, und so war es nicht verwunderlich, dass die Einschaltquote deutlich über der der Vorjahre lag. Deutschland belegte Platz 7 im Wettbewerb, das beste Ergebnis seit 1994, und das Lied erreichte Platz 4 der Verkaufslisten; höher war zuletzt 1982 "Ein bisschen Frieden" notiert. Trotz dieser Erfolge waren viele Anhänger eher enttäuscht, die Unterstützung Guildo Horns nahm nach dem ESC rapide ab. Autor des Beitrags war Stefan Raab, der sich das Pseudonym 'Alf Igel' gab; im Wettbewerb wirkte er als Dirigent mit.



Guildo Horn war der erste ESC-Interpret, der während seines Auftritts die Bühne verließ und direkt mit dem Publikum interagierte; hierbei kann man sehen, dass erstmals auch Fans anwesend waren, von denen einige Transparente hochhielten. In den Folgejahren wurden letztere immer mehr durch die jeweiligen Landesflaggen ersetzt. Zu den Personen, die Guildo Horn aufsucht, gehört auch die viermalige Moderatorin Katie Boyle.

Die Kroatin Danijela eröffnete den Abend mit ihrem Lied "Neka mi ne svane" und überraschte mit ihrem Trickkleid, durch das im Laufe ihres Liedes aus dem schwarzen ein weißes Kleid wurde. Sie belegte Platz 5.



"Hemel en aarde", interpretiert von Edsilia Rombley, kam für die Niederlande auf Platz 4; das war für das Land das beste Ergebnis seit dem Sieg 1975.



Der Wechsel von den Jurys zur Publikumsabstimmung bewirkte auch, dass wesentlich mehr temporeiche Lieder im Wettbewerb vertreten waren. Da wirkte Chiara aus Malta fast wie ein Gegenpol; ihr ruhiges Liebeslied "The one that I love" kam, vielleicht auch wegen der entschleunigenden Wirkung, gut an und belegte Platz 3. Und vielleicht brachte das Augenzwinkern am Ende ja auch ein paar Stimmen?



Die Schweiz belegte den letzten Platz mit 0 Punkten, Schweden erwies in seinem Beitrag der im Vorjahr verunglückten britischen Prinzessin Diana die Ehre, und Zypern vergab 12 Punkte an Griechenland, das ansonsten aber keine Wertungen erhielt.

Bei der Punktevergabe sorgte ein Dialog unfreiwillig für Heiterkeit: Die niederländische Sprecherin Conny Vandenbos erwähnte, dass sie selbst auch einmal ESC-Teilnehmerin war - der Zusatz "vor langer Zeit" ging im Applaus unter, so dass er von der Moderatorin wiederholt wurde. Dies aber wurde von den Zuschauern so aufgefasst, als sei ihr "A long time ago" ein Kommentar gewesen - sinngemäß: "Das muss aber schon lange her sein", weshalb ein Raunen durch das Publikum ging. Die deutsche Wertung wurde von der Sängerin Nena verlesen, und Spanien vergab durch ein technisches Versehen die 12 Punkte nicht an Deutschland, sie wurden nachträglich hinzugefügt, sodass Guildo Horn am Ende nicht, wie aus der Anzeigetafel ersichtlich, Platz 8, sondern Platz 7 belegte.

Die Stimmabgabe erwies sich als Kopf-an-Kopf-Rennen, das am Ende Israel knapp für sich entscheiden konnte. Die dortige Interpretin Dana International sorgte im Vorfeld für ebenso viel mediales Interesse wie Guildo Horn, denn sie war transsexuell, also in einem männlichen Körper geboren und wurde deshalb insbesondere in Israel selbst, und da speziell von orthodoxen Juden, stark kritisiert. Der Rest der Teilnehmerländer hatte offenbar weniger Probleme damit, und so erreichte Israel zum dritten Mal in seiner ESC-Geschichte Platz 1. Der Siegertitel hieß "Diva", zur Wiederholung des Liedes am Ende der Veranstaltung trug Dana International ein speziell für diesen Anlass von Jean-Paul Gaultier entworfenes Kleid.

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Sonntag, 16. August 2020
1997
Zum siebten Mal wurde der ESC am 3. Mai 1997 in Irland ausgetragen, und zum 6. Mal war Dublin der Veranstaltungsort. Zu den Gastgebern gehörte der Sänger Ronan Keating, damals noch Mitglied der Gruppe Boyzone, die auch im Pausenprogramm auftrat.

Das Qualifikationssystem des Vorjahres hatte sich nicht bewährt, nunmehr wurde für alle teilnahmewilligen Länder ein Durchschnitt der Punktzahlen in den letzten vier (ab 1998: fünf) Jahren gebildet; die Länder mit den niedrigsten Werten mussten für ein Jahr pausieren, bekamen dafür aber ein garantiertes Startrecht im Folgejahr. Zudem wurde die Teilnehmerzahl wieder auf 25 erhöht. Belgien, Finnland, die Slowakei, Rumänien und Nordmazedonien waren aufgrund dieser Regelung nicht am Start, Israel, eigentlich teilnahmeberechtigt, fehlte wieder wegen eines nationalen Feiertags.

Mehrere Länder übten aus verschiedenen Gründen Kritik am gültigen Verfahren; ganz konkret ging es Norwegen um die Finanzierung. Dadurch, dass Deutschland im Vorjahr nicht teilnahm, musste es auch keine Teilnahmegebühr zahlen, und genau die fehlte Norwegen, das den Wettbewerb organisiert hatte. Die EBU beschloss daraufhin, dass die fünf größten Beitragszahler unabhängig von ihren Vorjahresergebnissen immer startberechtigt sein sollten; es handelte sich um das Vereinigte Königreich, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, diese wurden von da an als „Big 5“ (oder bei Fehlen eines der Länder „Big 4“) bezeichnet.

Andere Länder, insbesondere aus Osteuropa, bemängelten das immer geringer werdende öffentliche Interesse am ESC und die damit verbundenen schwindenden Zuschauerzahlen; dies wurde als Hauptgrund für den geringen kommerziellen Erfolg der Lieder ausgemacht. Auch hier reagierte die EBU: Versuchsweise sollten in fünf Ländern, nämlich Deutschland, der Schweiz, Österreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich, keine Jurys, sondern die Zuschauer per Telefon abstimmen; die Hoffnung war, dass der ESC so für das Publikum wieder attraktiver würde.

In Deutschland wurde wieder eine Vorentscheidung durchgeführt, unter den Interpreten war Michelle die populärste. Der Siegertitel „Zeit“ wurde von Bianca Shomburg gesungen; sie hatte im Vorjahr die internationale Soundmix-Show gewonnen. Eigentlich hatte der Komponist des Beitrags, Ralph Siegel, dieses Lied für Esther Ofarim geschrieben, um so die deutsch-israelische Freundschaft gut 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges zu verdeutlichen (daher auch am Anfang die Klezmer-Klarinette); diese Zusammenarbeit scheiterte aber an einer zu hohen Voraus-Gagenforderung der Sängerin. „Zeit“ belegte beim ESC Platz 18.



Italien nahm seit 1994 nicht mehr am ESC teil und hatte das auch 1997 nicht vor; dies gefiel aber den Siegern des Sanremo-Festivals, dem Duo Jalisse, nicht. Sie überredeten eine offenbar ahnungslose Mitarbeiterin des Fernsehens, ihr Lied anzumelden, was auch geschah. Als die Verantwortlichen dies bemerkten, war die entsprechende Frist bereits verstrichen, sodass bei einer Stornierung eine Strafgebühr fällig gewesen wäre. So kam es während einer längeren Teilnahmepause Italiens zu einem einzigen Beitrag. „Fiumi di paroli“ belegte Platz 4.



Der türkische Beitrag „Dinle“, gesungen von Şebnem Paker und der Gruppe Etnic, belegte Platz 3, das bis dahin beste Ergebnis des Landes, auch dadurch, dass in den Ländern, die per Televoting abstimmten, viele türkischstämmige Mitbürger wohnten, die für das Land abstimmten, so gab es z.B. 12 Punkte aus Deutschland. Dieses Verhalten wurde damals in Fachkreisen als „Diaspora-Voting“ bezeichnet. Nichtsdestotrotz genügten die relativ wenigen Telefonabstimmungen allein natürlich nicht, um dem Land ein so gutes Ergebnis zu bescheren.



Auch Zypern schnitt überdurchschnittlich gut ab: Hara & Andreas Konstantinou kamen mit „Mana mou“ auf Rang 5.



Am Auffälligsten war das unterschiedliche Abstimmungsverhalten zwischen Fernsehpublikum und Jurys beim isländischen Beitrag: Paul Oscar beschrieb in „Min hinsti dans“ eine alternde Bühnengröße, die dem Ruhm vergangener Zeiten nachtrauert. Hierzu räkelte er sich lasziv auf einem Sofa, begleitet von spärlich bekleideten Tänzerinnen – die optische Umsetzung gefiel den Zuschauern offenbar, während die Juroren sie weitgehend ignorierten, Island belegte nur Platz 20, aber die Stimmverteilung spricht für sich: 16 der insgesamt 18 Punkte wurden von Ländern vergeben, die per Telefon abstimmten.



Das gleiche Thema behandelte auch das russische Lied „Primadonna“; gesungen wurde es von der tatsächlich nicht mehr ganz jungen Alla Pugacheva, sodass es ein wenig wie eine Autobiographie wirkte. Die Sängerin war zu Zeiten des Ostblocks in allen jenen Ländern sehr populär und beispielsweise durch gemeinsame Auftritte mit Udo Lindenberg auch diesseits der damaligen Grenzen nicht unbekannt; insofern schnitt Russland mit Platz 15 sicher unter den eigenen Erwartungen ab.



Nach 1983 belegten zum zweiten Mal gleich zwei Länder den letzten Platz mit 0 Punkten, nämlich die Lieder aus Portugal und Norwegen.

Als Wertungssprecherinnen wirkten die früheren Siegerinnen Corry Brokken und Marie Myriam mit; am Ende der Punktevergabe stand das Lied „Love shine a light“, gesungen von Katrina & the Waves, fest. Die Gruppe hatte in den 1980ern einen Hit mit „Walking on sunshine“. Das Lied erhielt 227 Punkte und hatte einen Abstand von 70 Punkten zu Platz 2, beides waren neue Höchstleistungen.

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1996
Am 18. Mai 1996 fand der ESC in Oslo statt, einer der Moderatoren war Morten Harket, Sänger der Gruppe a-ha ("Take on me"). Für die Auswahl der Teilnehmer gab es ein neues Verfahren. 30 Länder zeigten Interesse an einer Teilnahme; nur der Gastgeber, also Norwegen, wurde fest für das Finale gesetzt, alle anderen mussten sich einer Qualifikationsrunde stellen. Diese erfolgte nicht-öffentlich nur anhand von Audioversionen der Lieder, und auch die Ergebnisse blieben geheim. Nicht zu diesen Ländern gehörten, wie im Vorjahr, Italien und Luxemburg, und auch Litauen zeigte kein Interesse. Unter diesen Aspiranten war erstmals Nordmazedonien, das damals international noch die sperrige Bezeichnung 'Former Yugoslav Republic of Macedonia (FYROM)' hatte.

Nach dem Misserfolg im Vorjahr gab der MDR die Verantwortung für den deutschen Beitrag an den NDR ab, und dieser veranstaltete erstmals seit 1992 wieder eine Vorentscheidung; die bekanntesten der zehn Interpreten waren Ibo, der in den 1980ern mit "Ibiza" erfolgreich war, und die Volksmusiksängerin Angela Wiedl. Sieger wurde der bis dahin unbekannte Leon mit dem von Hanne Haller geschriebenen "Blauer Planet (Planet of blue)".



Die Enttäuschung war groß, als bekanntgegeben wurde, dass Deutschland zu den sieben Ländern gehörte, die sich nicht für das Finale qualifizieren konnten; außerdem betraf dies Dänemark, Israel, Russland, Rumänien, Nordmazedonien und Ungarn. Der dänische Beitrag "Kun med dig" wurde übrigens in der englischen Version "Paint my love", gesungen von 'Michael Learns To Rock', insbesondere in Ostasien ein Erfolg.

So fand das ESC-Finale 1996 zum ersten und bisher auch einzigen Mal ohne Deutschland statt.

Für das Vereinigte Königreich sang Gina G. das Lied "Ooh, aah, just a little bit" und hatte damit, was zu diesen Zeiten selten war, international großen kommerziellen Erfolg; selbst in den US-amerikanischen Verkaufslisten kam sie bis Platz 12. Daran gemessen ist Rang 8, den sie beim ESC belegte, eher eine Enttäuschung. Übrigens musste sie ihren Rock nach den Proben um eine Reihe der Pailletten verlängern, weil er den kritisch-moralischen Augen einiger Beobachter zu kurz war.



Frankreichs Reise ging in diesem Jahr nicht nach Übersee und blieb auch auf dem Festland, zeigte aber, dass in dem Land nicht nur Französisch gesprochen wird: Dan Ar Braz sangen ihr Lied "Diwanit bugale" auf Bretonisch. Platz 19 war das Ergebnis.



Österreich wählte für seinen Beitrag "Weil's dr guat got" den Vorarlberger Dialekt; der blinde Sänger George Nussbaumer begleitete sich selbst am Flügel und belegte Platz 10.



Für die Gastgeber, also Norwegen, sang zum vierten Mal Elisabeth Andreassen, aber erstmals trat sie als Solistin auf. Mit "I evighet" erreichte sie Platz 2. Einen Rang dahinter finden wir den schwedischen Beitrag "Den vilda", gesungen von der Gruppe One More Time, die schon durch das Lied "Highland" aus dem Jahr 1992 bekannt war.





Als alle Wertungen vergeben waren, war die Überraschung groß - bei einigen Beobachtern sicher auch das Entsetzen, denn Irland hatte wieder einmal gewonnen, zum vierten Mal innerhalb von fünf Jahren und insgesamt zum siebten Mal. Der Siegertitel "The voice" wurde von Eimear Quinn gesungen.

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Samstag, 15. August 2020
1995
Der ESC 1995 fand am 13. Mai statt, und bezüglich des Austragungsortes wurden zwei neue Rekorde aufgestellt: Erstmals richtete ein Land den ESC dreimal in Folge aus, und erstmals war eine Stadt zweimal hintereinander Gastgeber. Auch dieser Wettbewerb fand also in Dublin statt.

Die Türkei, Dänemark, Slowenien, Israel und Belgien kehrten nach einjähriger Zwangspause zum ESC zurück; da aber sowohl Italien als auch Luxemburg auf die Teilnahme verzichteten, verringerte sich das Starterfeld auf 23 Lieder.

Deutschland wählte seinen Beitrag wieder intern aus, diesmal fiel die Wahl auf das Ehepaar Stone & Stone. Als Interpreten hatten die beiden einen Achtungserfolg mit "I wish you were here", waren aber überwiegend als Autoren tätig. Normalerweise produzierten sie ihre Musik auf Englisch, mussten ihren Wettbewerbsbeitrag "Verliebt in dich" aufgrund der Spielregeln aber auf Deutsch vortragen. Schon im Vorfeld zeigten die Medien kein Interesse an dem Lied, und so hörten auch die meisten Deutschen das Lied beim ESC zum ersten Mal, wenn sie sich die Sendung überhaupt ansahen, die Einschaltquoten waren seinerzeit eher gering. Sie sahen eine krankheitsbedingt etwas indisponierte Sängerin in einem unvorteilhaften Kleid, die Mühe hatte, alle Töne richtig zu treffen - das Ergebnis war ein letzter Platz mit nur einem einzigen Punkt, und der kam aus Malta. Im Vorfeld hieß es, man habe einen Beitrag gesucht, der auch dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl gefallen könnte; nach dem ESC stimmte dieser allerdings in den allgemeinen Spott ein und bemerkte, dass er, wenn er nach Malta führe, mit mehr als einem Punkt zurückkomme. Stone & Stone traten nach dem ESC musikalisch nicht mehr in Erscheinung und trennten sich bald danach auch privat.



Der spanische Beitrag ist ein Paradebeispiel dafür, dass ein gelungener Auftritt ein Lied weit nach vorn bringen kann. Noch während der Proben hatten die Beobachter das Lied "Vuelve conmigo" wenig auf Rechnung; während der Livesendung lief die Sängerin Anabel Conde aber zu ungeahnter Stärke auf und sang, als ginge es um ihr Leben - das beeindruckte die Juroren, und Spanien belegte Platz 2.



Ein sehr ungewöhnlicher Beitrag kam aus Polen. "Sama" war eher experimentell komponiert und ging nicht sofort ins Ohr, und Justyna schraubte ihre Stimme zeitweise in schwindelerregende Höhen. Die Jurys reagierten mit Platz 18 eher verhalten und vergaben nur 15 Punkte - aber das ist immerhin 15mal mehr, als Deutschland bekam!



Ein sehr ruhiges und entspanntes Lied wurde für Dänemark präsentiert. Aud Wilken besang in "Fra Mols til Skagen" die Geschichte zweier getrennter Verliebten. Das Ergebnis war ein fünfter Platz.



Das Vereinigte Königreich bewies, dass aktuelle Rhythmen mit einem Liveorchester nur bedingt reproduzierbar sind; Die Gruppe Love City Groove sang und rappte das gleichnamige Lied, das aber auf der ESC-Bühne deplatziert wirkte. Gemessen daran ist Platz 10 ein akzeptables Ergebnis.



Nach der Abgabe der Wertungen lag Norwegen deutlich vorn und präsentierte einen sehr außergewöhnlichen Siegertitel: Bei "Nocturne", interpretiert von Secret Garden, wurden nur ganz am Anfang und ganz am Ende ein paar Zeilen gesungen, der Rest wurde instrumental dargeboten. Zwar erreichte Irland selbst nach drei Siegen in Folge in diesem Jahr mit Platz 14 ein Ergebnis, das weit davon entfernt war, aber der Geist des Landes blieb auch hier erhalten, zum einen, weil die Melodie einer keltischen Volksweise nicht unähnlich war, und zum anderen, weil die Hauptprotagonistin, die Geigerin Fionnuala Sherry, eine Irin war. Das Lied fand insbesondere bei Anhängern esoterischer Klänge eine gewisse Beachtung, wurde aber von der breiten Masse weniger wahrgenommen. Für Norwegen war es der zweite Sieg.

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Freitag, 14. August 2020
1994
Erstmals richtete 1994 ein Land den ESC zum zweiten Mal in Folge aus: Der Wettbewerb fand am 30. April wieder in Irland statt, diesmal allerdings in Dublin, wo er vorher bereits dreimal ausgetragen wurde.

Die immer größer werdende Anzahl an teilnahmewilligen Ländern führte dazu, dass eine neue Regel eingeführt wurde: Für jedes neue Land musste eines der am schlechtesten platzierten des Vorjahres einmal aussetzen. 1994 meldeten sich die vier in der Vorrunde 1993 gescheiterten Länder, also Estland, die Slowakei, Ungarn und Rumänien, an, dazu kamen Russland, Polen und Litauen; dafür mussten Zypern, Luxemburg, die Türkei, Dänemark, Slowenien, Israel und Belgien pausieren. Diese Länder hatten ein garantiertes Startrecht im Folgejahr. Da Italien, das eigentlich teilnehmen durfte, freiwillig pausierte, durfte Zypern einen Beitrag einreichen.

Der MDR verzichtete wieder auf eine deutsche Vorentscheidung und beauftragte den in der Vergangenheit oft erfolgreichen Komponisten und Produzenten Ralph Siegel, einen Beitrag einzureichen. Dieser stellte das Trio Mekado zusammen; ihr Lied „Wir geben 'ne Party“ war beim Contest erfolgreich und landete auf Platz 3, wurde aber kommerziell kaum beachtet. Keyboarderin auf der Bühne war Rhonda Heath, 1977 Mitglied von Silver Convention. Zur Gruppe Mekado gehörte Dorkas Kiefer, die später als Schauspielerin populär wurde.



Die Neulinge schnitten sehr unterschiedlich ab; die baltischen Ländern Estland und Litauen belegten die letzten zwei Plätze, Litauen sogar mit 0 Punkten, wohingegen Polen mit Platz 2 sein bis heute bestes Ergebnis erzielte. Edyta Górniak riskierte die Disqualifikation, als sie ihren Beitrag „To nie ja“ bei der Generalprobe auf Englisch sang.



Auch Ungarn war bisher nie besser als bei seinem Debut; Friderika belegte mit „Kinek mondjam el vétkeimet“ Platz 4; am Anfang der Wertungen lag sie kurzfristig sogar in Führung.



Die Russin Youddiph machte nicht nur musikalisch, sondern auch optisch auf sich aufmerksam, indem sie ihr Trickkleid in mehreren Variationen präsentierte. „Vyechniy stranik (Eternal wanderer)“ kam auf Platz 9.



Für Norwegen sang Elisabeth Andreassen, die 1985 als Teil des Duos Bobbysocks den ESC gewonnen hatte und die auch 1982 als Teil des Duos Chips Schweden vertreten hatte. Diesmal hatte sie mit Jan Werner Danielsen einen männlichen Partner. Auch die Vertreterinnen Schwedens und Islands waren schon zuvor in verschiedenen Konstellationen dabei.

Da die sieben Länder, die relegationsbedingt 1994 nicht teilnehmen durften, 1995 wieder startberechtigt waren, mussten die sieben Letztplatzierten des laufenden Jahres im Folgejahr pausieren. Es handelt sich um die Schweiz, die Slowakei, Rumänien, Finnland, die Niederlande, Estland und Litauen.

Die Bekanntgabe der Wertungen erfolgte erstmals nicht mehr per Telefon, sondern per Satellit. Der praktische Nutzen waren stabilere Verbindungen, der positive Nebeneffekt war, dass die Sprecher nicht mehr nur hör-, sondern auch sichtbar waren. In den Folgejahren nutzten viele Ländern dies immer wieder aus, um ehemalige Teilnehmer (oft die des Vorjahres) oder sonstige bekannte Persönlichkeiten so zu präsentieren; 1994 machte die Schweiz den Anfang, Sandra Studer hatte das Land unter dem Namen Sandra Simò 1991 vertreten.

Irland war 1994 das erste Land, das vollkommen auf das Liveorchester verzichtete. Beobachter berichten, dass das Lied „Rock‘n‘roll kids“, gesungen von Paul Harrington und Charlie McGettigan, bewusst ausgewählt wurde, um einen dritten Sieg in Folge möglichst zu vermeiden. Am Ende der Wertungen war aber genau dieser eingetreten, und nicht nur das: Noch nie zuvor hatte ein Gewinner so viele Punkte (es waren 226), und mit 60 Punkten Vorsprung vor Platz 2 wurde Nicoles Rekord aus dem Jahr 1982 knapp verfehlt (bei ihr waren es 61).



Der ESC verlor in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr an Bedeutung, das zeigte sich auch daran, dass keines der teilnehmenden Lieder kommerziell ein Erfolg war. Anders verhielt es sich mit dem Pausenprogramm: das von Michael Flatley initiierte Tanz- und Musikprogramm „Riverdance“ kam international so gut an, dass es im Anschluss durch viele Länder auf Tournee gehen konnte, zudem bildeten sich mehrere Ableger (z.B. ‚Lord of the Dance‘). Allein in Irland belegte der zugehörige Soundtrack 18 Wochen lang Platz 1 der Verkaufsliste; „Riverdance“ verkaufte weltweit mehr Tonträger als alle Wettbewerbstitel zusammen.

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Donnerstag, 13. August 2020
1993
Die EBU hatte gehofft, den ESC 1993 nach dem Ausscheiden Jugoslawiens wieder auf 22 Teilnehmer begrenzen zu können; hierbei hat sie allerdings nicht bedacht, dass sowohl die Nachfolgestaaten Jugoslawiens als auch die Länder der früheren osteuropäischen Intervision jetzt Mitglieder der EBU und damit teilnahmeberechtigt beim ESC waren. Sieben von ihnen meldeten 1993 hierfür Interesse an – das war zu viel für die Kapazität des Wettbewerbs. Als einmalige Übergangslösung wurde für die neuen Aspiranten eine Vorauswahl durchgeführt; diese fand am 3. April im slowenischen Ljubljana statt. Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Estland, die Slowakei, Ungarn und Rumänien stellten je ein Lied vor, das von jeweils einem vor Ort anwesenden Juror bewertet wurde. Die drei bestplatzierten Länder erhielten die Teilnahmeberechtigung am ESC; es handelte sich um die drei Ex-Jugoslawen Slowenien, Bosnien-Herzegowina und Kroatien; sie eingeschlossen hatte der ESC 1993 25 Beiträge.

Dieser fand am 15. Mai zum vierten Mal in Irland statt, und zwar erstmals in der Kleinstadt Millstreet. Der Grund hierfür war die teilweise Finanzierung durch einen Sponsor, der dafür den Austragungsort bestimmte.

Der MDR verzichtete auf eine Vorentscheidung und wählte den deutschen Beitrag intern aus. Als Interpreten entschied man sich für die Münchener Freiheit, die erfolgreichste deutschsprachige Gruppe der 1980er („Ohne dich (schlaf ich heut‘ Nacht nicht ein“)), sie sang das Lied „Viel zu weit“. Beim internationalen Wettbewerb erreichten sie Platz 18.



Die Schweiz setzte, wie schon 1988, auf eine Sängerin aus Kanada und war wieder erfolgreich: Annie Cotton belegte mit „Moi, tout simplement“ Platz 3.



Sonia hatte ab 1989 insbesondere in ihrer Zusammenarbeit mit dem Produzententeam Stock/ Aitken/ Waterman einige Erfolge wie „You‘ll never stop me loving you“. Beim ESC belegte sie für das Vereinigte Königreich mit „Better the devil you know“ Platz 2.



Für Frankreich sang Patrick Fiori über „Mama Corsica“; das Lied enthielt einige Zeilen auf Korsisch. Er belegte Platz 4.



Für die Niederlande sang Ruth Jacott das Lied „Vrede“. Zu den Chorsängern gehörte ihr damaliger Mann Humphrey Campbell, der das Land im Jahr zuvor als Solist vertreten hatte.



Zu zweifelhaftem Ruhm kam die Interpretin Barbara Dex aus Belgien; sie belegte mit „Iemand als jij“ den 25. und damit letzten Platz. Für Aufsehen sorgte aber weniger ihr Lied als ihre Kleidung; einer meiner Gäste nannte sie damals „Leberwurstkeid mit Gummistiefeln“, was sicher bösartig, aber nicht unzutreffend war. Ein paar Jahre später begannen niederländische Journalisten, regelmäßig den inoffiziellen (und nicht ganz ernst gemeinten) ‚Barbara-Dex-Award' für das geschmackloseste Bühnenkostüm zu vergeben.



In Spaniens „Hombres“ kam erstmals in der Geschichte des ESC das Wort ‚Sex‘ vor, für Österreich sang, wie schon im Vorjahr, Tony Wegas, und gegen den kroatischen Beitrag „Don‘t ever cry“ gab es Einwände, weil der Refrain komplett auf Englisch gesungen wurde – dieser wurde aber abgewiesen, weil er nur einige Worte umfasste, die mehrfach wiederholt wurden.

Das Nachbarland Bosnien-Herzegowina befand sich gerade im Krieg, was die Delegation im Beitrag „Sja bol svijeta“ („Der Schmerz der ganzen Welt“) verarbeitete. Der vorgesehene eigene Dirigent konnte das Land nicht verlassen, deshalb wurde das Orchester beim von der Gruppe Fazla gesungenen Lied vom Iren Noel Kelehan geleitet.



Auch bei den Wertungen machten sich die Kriegswirren in Bosnien-Herzegowina bemerkbar, die Telefonverbindung war sehr schlecht; dies veranlasste die EBU, die Punkte vom Folgejahr an per Satellit übermitteln zu lassen. Zudem kam die Telefonleitung nach Malta zuerst nicht zustande, die Punktvergabe wurde ans Ende der Wertungen verlegt. Danach stand fest, dass Irland zum fünften Mal insgesamt und zum zweiten Mal hintereinander gewonnen hatte. Den Siegerbeitrag „In your eyes“ sang Niamh Kavanagh.

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1992
Schweden war am 9. Mai 1992 zum dritten Mal Gastgeber des ESC, der erstmals in Malmö ausgetragen wurde. Die Niederlande kehrten zum Wettbewerb zurück, kein Teilnehmer des Vorjahres sagte ab, sodass in diesem Jahr 23 Beiträge antraten; eigentlich war eine Obergrenze von 22 Liedern festgelegt worden, aber die EBU genehmigte ausnahmsweise, wie es hieß, diese höhere Zahl. Hierbei spielte auch eine Rolle, dass Jugoslawien zum 30.6.92 aus der EBU ausgeschlossen wurde, also letztmalig teilnahm. Mehrere Landesteile hatten sich bereits für selbstständig erklärt, de facto nahmen nur noch Montenegro, Serbien und das Kosovo teil. Die EBU befand, dass Rest-Jugoslawien die Schuld am Balkan-Krieg trug und deshalb nicht länger Mitglied der Union sein könne.

Die deutsche Vorentscheidung wurde vom MDR ausgerichtet; dieser ging einen neuen Weg: Nur sechs Lieder wurden vorgestellt, und diese wurden von den damals elf der ARD angeschlossenen Rundfunkanstalten bewertet, jede von ihnen konnte nur einen Punkt vergeben. Unter den Interpreten waren Lena Valaitis, die Deutschland 1981 vertreten hatte, und Bernhard Brink. Der Sieg ging an das Lied „Träume sind für alle da“, gesungen von Wind; die Gruppe vertrat Deutschland somit nach 1985 und 1987 zum dritten Mal, wieder in geänderter Besetzung, zu der diesmal auch Albert Oberloher (zeitweise Ehemann der Sängerin Michelle) gehörte. Beim ESC waren Wind weniger erfolgreich als zuvor, sie belegten Platz 16.



Komponist des deutschen Beitrags war Ralph Siegel, und auch sein Kollege Dieter Bohlen war wieder am Start, er war Autor des Liedes für Österreich. „Zusammen geh‘n“. gesungen von Tony Wegas, erreichte Platz 10; eine leicht veränderte Version, gesungen von den Teilnehmern der ersten DSDS-Staffel, erreichte unter dem Namen „We have a dream“ ungefähr ein Jahrzehnt später Platz 1 der deutschen Verkaufslisten.



Für Italien sang Mia Martini; sie hatte ihr Land schon 1977 vertreten und belegte mit „Rapsodia“ Platz 4. Es war einer ihrer letzten größeren Erfolge, sie verstarb 1995 an Krebs.



Frankreich ging, wie schon in den beiden Vorjahren, auf eine Art musikalische Reise durch die aktuellen und ehemaligen Gebiete des Landes und machte in diesem Jahr Halt auf Haiti. Kali sang „Monté la riviè“ teils auf Kreolisch und kam auf Platz 8.



Luxemburg präsentierte erstmals seit 1960 wieder ein Lied auf Lëtzebuergisch, für das Vereinige Königreich war der Musicalsänger Michael Ball am Start, und für Spanien sang der Blinde Serafín Zubiri. Griechenland belegte mit „Olou tou kosmou i elpida“, gesungen von Cleopatra, Platz 5.



Nach der Wertungsvergabe stand zum vierten Mal Irland als Sieger fest. „Why me“ wurde von Linda Martin gesungen, der Autor war Johnny Logan. Er hatte den ESC selbst bereits zweimal als Interpret gewonnen. Schon 1984 hatte Linda Martin mit einem von Johnny Logan geschriebenen Lied Platz 2 belegt.

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Mittwoch, 12. August 2020
1991
Am 4. Mai 1991 richtete Italien zum zweiten Mal den ESC aus, und zwar nicht, wie ursprünglich geplant, in Sanremo, sondern in Rom, genau gesagt in der Cinecittà, wohin der Wettbewerb verlegt wurde, wie es heißt, aus Sicherheitsgründen, es war die Zeit des Golfkriegs.

Als Gastgeber begrüßten die beiden bisherigen ESC-Sieger des Landes, Gigliola Cinquetti und Toto Cutugno, das Publikum; sie bewiesen, dass gute Sänger nicht notwendigerweise auch gute Moderatoren sein müssen, aber dazu später mehr.

An der deutschen Vorentscheidung nahmen wieder 10 Lieder teil, und bis auf Cindy Berger waren alle Interpreten weitgehend unbekannt. Cindy war auch die Favoritin des Saalpublikums, das ungehalten reagierte, als ihr Lied "Nie allein" nur auf Platz 7 landete; der Siegertitel "Dieser Traum darf niemals sterben", gesungen von der eigens zusammengestellten Gruppe Atlantis 2000, wurde daraufhin ausgebuht. Beim ESC belegte das Lied Platz 18, die Gruppe trennte sich umgehend danach wieder.



Bereits im Vorjahr hatte Malta Interesse bekundet, wieder am Wettbewerb teilzunehmen, was zuletzt 1975 der Fall war; dies wurde allerdings abgelehnt mit der Begründung, mit 22 Liedern sei eine Obergrenze erreicht. 1991 fehlten allerdings die Niederlande, wieder wegen eines nationalen Feiertags, und so war der Weg für Malta frei. "Could it be", gesungen von Paul Giordimaina und Georgina, erzielte Platz 6, das bis dahin beste Ergebnis des Landes.



Für Spanien sang Sergio Dalma, wegen der äußerlichen Ähnlichkeit von Toto Cutugno als 'kleiner Toto' bezeichnet, das Lied "Bailar pegados"; es belegte Platz 4.



Noch einen Platz besser landete das Lied aus Israel; das Duo Datz sang "Kan".



Mitglied der norwegischen Gruppe Just4Fun war Hanne Krogh, die 1985 als Hälfte der Bobbysocks den ESC gewonnen hatte, und für Belgien sang die Gruppe Clouseau, die kurz danach mit "Close encounters" auch international erfolgreich war, beim ESC aber nur Platz 16 belegte. Liebhaber des portugiesischen Fado kennen vielleicht Dulce Pontes; sie vertrat ihr Land beim ESC 1991. Auf dem letzten Platz mit 0 Punkten landete Österreich; der Sänger von "Venedig im Regen", Thomas Forstner, hatte zwei Jahre zuvor noch Platz 5 belegt.

Jugoslawien zerfiel immer mehr und entschied sich für einen, wie ich finde, sehr skurrilen Beitrag. Eine nicht mehr ganz junge Dame, die sich den schönen Namen Baby Doll gab, pries in "Brazil" die Vorzüge Lateinamerikas an und umgarnte dabei einen Tänzer, der sicher ihr Sohn hätte sein können. Malta war dieses Lied einen Punkt wert, wodurch zumindest der letzte Platz vermieden wurde.



Die Punktevergabe verlief relativ chaotisch, die Moderatoren hatten teils mangels Sprachkenntnissen, teils, weil sie eher miteinander statt mit den Gesprächspartnern beschäftigt waren, Verständigungsschwierigkeiten, sodass der Oberschiedsrichter Franck Naef deutlich häufiger als sonst einschreiten musste und zeitweise sogar die Gesprächsführung ganz übernahm. Am Ende dieser schweren Geburt lagen zwei Lieder punktgleich vorn, die Beiträge Schwedens und Frankreichs. Anders als 1969 gab es allerdings inzwischen eine Regel für diesen Fall: Die Anzahl der hohen Punktwerte war maßgebend. Beide Lieder erhielten je viermal die 12 Punkte, bei den 10 Punkten gab es aber einen Unterschied: Schweden bekam fünfmal diese Wertung, Frankreich nur zweimal - Schweden war somit zum dritten Mal ESC-Sieger. Die Sängerin des Liedes "Fångad av en stormvind", Carola, hatte ihr Land schon 1983 vertreten.



Achtung, jetzt werde ich subjektiv und sentimental: Der punktgleiche französische Beitrag, der somit Platz 2 belegte, ist für mich das schönste Lied, das jemals am ESC teilgenommen hat. Die gebürtige Tunesierin Amina beschreibt in "C'est le dernier qui a parlé qui a raison" ("Wer das letzte Wort hat, hat recht") die Rolle der Frau in der islamischen Welt. Für mich sind der Vortrag, die Melodie, die Stimme und der Text einfach perfekt - ich liebe dieses Lied. So, und jetzt schalte ich meinen subjektiven Modus wieder aus und überlasse jedem Leser dieser Zeilen sein eigenes Urteil.

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