Freitag, 14. August 2020
1994
Erstmals richtete 1994 ein Land den ESC zum zweiten Mal in Folge aus: Der Wettbewerb fand am 30. April wieder in Irland statt, diesmal allerdings in Dublin, wo er vorher bereits dreimal ausgetragen wurde.

Die immer größer werdende Anzahl an teilnahmewilligen Ländern führte dazu, dass eine neue Regel eingeführt wurde: Für jedes neue Land musste eines der am schlechtesten platzierten des Vorjahres einmal aussetzen. 1994 meldeten sich die vier in der Vorrunde 1993 gescheiterten Länder, also Estland, die Slowakei, Ungarn und Rumänien, an, dazu kamen Russland, Polen und Litauen; dafür mussten Zypern, Luxemburg, die Türkei, Dänemark, Slowenien, Israel und Belgien pausieren. Diese Länder hatten ein garantiertes Startrecht im Folgejahr. Da Italien, das eigentlich teilnehmen durfte, freiwillig pausierte, durfte Zypern einen Beitrag einreichen.

Der MDR verzichtete wieder auf eine deutsche Vorentscheidung und beauftragte den in der Vergangenheit oft erfolgreichen Komponisten und Produzenten Ralph Siegel, einen Beitrag einzureichen. Dieser stellte das Trio Mekado zusammen; ihr Lied „Wir geben 'ne Party“ war beim Contest erfolgreich und landete auf Platz 3, wurde aber kommerziell kaum beachtet. Keyboarderin auf der Bühne war Rhonda Heath, 1977 Mitglied von Silver Convention. Zur Gruppe Mekado gehörte Dorkas Kiefer, die später als Schauspielerin populär wurde.



Die Neulinge schnitten sehr unterschiedlich ab; die baltischen Ländern Estland und Litauen belegten die letzten zwei Plätze, Litauen sogar mit 0 Punkten, wohingegen Polen mit Platz 2 sein bis heute bestes Ergebnis erzielte. Edyta Górniak riskierte die Disqualifikation, als sie ihren Beitrag „To nie ja“ bei der Generalprobe auf Englisch sang.



Auch Ungarn war bisher nie besser als bei seinem Debut; Friderika belegte mit „Kinek mondjam el vétkeimet“ Platz 4; am Anfang der Wertungen lag sie kurzfristig sogar in Führung.



Die Russin Youddiph machte nicht nur musikalisch, sondern auch optisch auf sich aufmerksam, indem sie ihr Trickkleid in mehreren Variationen präsentierte. „Vyechniy stranik (Eternal wanderer)“ kam auf Platz 9.



Für Norwegen sang Elisabeth Andreassen, die 1985 als Teil des Duos Bobbysocks den ESC gewonnen hatte und die auch 1982 als Teil des Duos Chips Schweden vertreten hatte. Diesmal hatte sie mit Jan Werner Danielsen einen männlichen Partner. Auch die Vertreterinnen Schwedens und Islands waren schon zuvor in verschiedenen Konstellationen dabei.

Da die sieben Länder, die relegationsbedingt 1994 nicht teilnehmen durften, 1995 wieder startberechtigt waren, mussten die sieben Letztplatzierten des laufenden Jahres im Folgejahr pausieren. Es handelt sich um die Schweiz, die Slowakei, Rumänien, Finnland, die Niederlande, Estland und Litauen.

Die Bekanntgabe der Wertungen erfolgte erstmals nicht mehr per Telefon, sondern per Satellit. Der praktische Nutzen waren stabilere Verbindungen, der positive Nebeneffekt war, dass die Sprecher nicht mehr nur hör-, sondern auch sichtbar waren. In den Folgejahren nutzten viele Ländern dies immer wieder aus, um ehemalige Teilnehmer (oft die des Vorjahres) oder sonstige bekannte Persönlichkeiten so zu präsentieren; 1994 machte die Schweiz den Anfang, Sandra Studer hatte das Land unter dem Namen Sandra Simò 1991 vertreten.

Irland war 1994 das erste Land, das vollkommen auf das Liveorchester verzichtete. Beobachter berichten, dass das Lied „Rock‘n‘roll kids“, gesungen von Paul Harrington und Charlie McGettigan, bewusst ausgewählt wurde, um einen dritten Sieg in Folge möglichst zu vermeiden. Am Ende der Wertungen war aber genau dieser eingetreten, und nicht nur das: Noch nie zuvor hatte ein Gewinner so viele Punkte (es waren 226), und mit 60 Punkten Vorsprung vor Platz 2 wurde Nicoles Rekord aus dem Jahr 1982 knapp verfehlt (bei ihr waren es 61).



Der ESC verlor in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr an Bedeutung, das zeigte sich auch daran, dass keines der teilnehmenden Lieder kommerziell ein Erfolg war. Anders verhielt es sich mit dem Pausenprogramm: das von Michael Flatley initiierte Tanz- und Musikprogramm „Riverdance“ kam international so gut an, dass es im Anschluss durch viele Länder auf Tournee gehen konnte, zudem bildeten sich mehrere Ableger (z.B. ‚Lord of the Dance‘). Allein in Irland belegte der zugehörige Soundtrack 18 Wochen lang Platz 1 der Verkaufsliste; „Riverdance“ verkaufte weltweit mehr Tonträger als alle Wettbewerbstitel zusammen.

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