Dienstag, 14. Juli 2020
1956
Die Europäische Rundfunkunion (EBU) wurde Anfang der 1950er Jahre gegründet und hatte insbesondere die Aufgabe, Ereignisse von internationaler Bedeutung gemeinsam zu produzieren und auszustrahlen; die erste Live-Übertragung war die Krönung der englischen Königin Elizabeth II. Angeschlossen waren öffentlich-rechtliche Sender in Westeuropa; im Lauf der Zeit dehnte sich dieser Bereich, auch im Rahmen der technischen Möglichkeiten, immer mehr aus, zunächst um die Mittelmeeranrainer, seit 1993 nach dem Zusammenbruch des Ostblocks auch um die Mitglieder der ehemaligen OIRT.

Schon bald entstand die Idee einer gemeinsamen wiederkehrenden Veranstaltung, um das Medium Fernsehen populärer zu machen und um den internationalen Charakter zu unterstreichen. Man entschied sich für einen Liederwettbewerb nach Vorbild des italienischen Sanremo-Festivals, das schon damals über die Landesgrenzen hinaus beliebt war.

Die Pläne wurden konkret; teilnahmeberechtigt waren alle der EBU angeschlossenen Fernsehanstalten, allerdings nur eine pro Land; aus diesem Grund werden in der Folge immer die Länder und nicht die Sender als Teilnehmer bezeichnet. Zehn Länder zeigten sich interessiert, drei von ihnen verpassten aber die Anmeldefrist, sodass der erste Eurovision Song Contest (ESC) sieben Teilnehmer hatte: die Niederlande, die Schweiz, Belgien, (die Bundesrepublik) Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Italien. Austragungsort war Lugano in der Schweiz, die Veranstaltung fand am 26. Mai 1956 statt. Vermutlich wegen der eher geringen Anzahl waren alle Länder berechtigt, zwei Beiträge zu entsenden. Diese mussten neue Produktionen sein, durften also vorher noch nicht veröffentlicht werden, und wurden von Solisten live vorgetragen. Die Begleitung erfolgte durch ein Orchester, es war den Delegationen freigestellt, ob sie einen eigenen Dirigenten mitbrachten oder auf den des Gastgebers zurückgriffen. Nach Bedarf konnten auch einige Chorsänger eingesetzt wurden.

Die Teilnehmer waren angehalten, zur Ermittlung ihrer Beiträge eine nationale Vorentscheidung abzuhalten, in Italien diente hierfür das bereits erwähnte Sanremo-Festival. Auch das deutsche Fernsehen setzte eine solche Veranstaltung an, in den Programmzeitschriften ist sie auch ausgewiesen; ob sie aber tatsächlich stattfand, ist fraglich, es existieren keine Ergebnislisten oder Berichte, und eine der angegebenen Teilnehmerinnen konnte nachweisen, dass sie am besagten Abend ein Konzert in einer anderen Stadt gab. So ist also nicht genau bekannt, wie die beiden deutschen Beiträge - „Im Wartesaal zum großen Glück“, gesungen von Walter Andreas Schwarz, und „So geht das jede Nacht“, gesungen von Freddy Quinn, ermittelt wurden.

Zu jeder Delegation gehörten auch zwei Wertungsrichter, die vor Ort anwesend waren und sich nach dem Vortrag aller Lieder zurückzogen, um hinter verschlossenen Türen das Ergebnis zu ermitteln. Die entsprechenden Listen wurden unmittelbar danach vernichtet, nur der Siegertitel wurde bekannt gegeben, die weiteren Platzierungen und die genaue Art der Abstimmung und Ermittlung der Ergebnisse sind nicht bekannt; es heißt, Luxemburg habe auf eigene Juroren verzichtet und die Schweizer Kollegen gebeten, ihre Aufgabe zu übernehmen, außerdem konnten auch die Beiträge des eigenen Landes bewertet werden.

Leider existieren keine bewegten Bilder der gesamten Veranstaltung mehr, sondern nur eine Audio-Aufzeichnung. Lediglich die Wiederholung des Siegertitels am Ende des Abends blieb (gekürzt) erhalten; das Lied „Refrain“, gesungen von Lys Assia, vertrat die Schweiz.

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