Montag, 27. Juli 2020
1969
euroklaus, 02:33h
Spanien richtete den ESC 1969 aus, er fand am 29. März in Madrid statt, und genau das löste in vielen Teilnehmerländern im Vorfeld Diskussionen aus. Soll man in einer rechtsgerichteten Diktatur eine Unterhaltungssendung veranstalten und so dem Regime eine Plattform geben? Lediglich Österreich zog die Konsequenz und blieb dem Wettbewerb fern, sodass noch 16 Länder teilnahmen, so wenige wie zuletzt 1964. Das spanische Fernsehen gab sich alle Mühe, eine künstlerisch wertvolle Sendung zu produzieren, so wurde das Bühnenbild von Salvador Dalí entworfen, und zu einem Einspielfilm über die vier Elemente wurde surreal wirkende Musik gespielt.
Gleich am Anfang startete der jugoslawische Beitrag, der die Höchstnote für einen anbiedernden Text verdient hätte: "Pozdrav svijetu" enthielt lediglich die auf Kroatisch gesungene Ankündigung, die ganze Welt zu grüßen, und eben diese Grüße, und das in den Sprachen aller Teilnehmer. Die Interpreten wandten einen Trick an: Eigentlich hieß die Gruppe 4M, da aber Gruppen nicht starten durften, nannten sie sich beim ESC Ivan & 3M.
Für Monaco trat der erst 13jährige Knabensopran Jean-Jacques an und besang seine "Maman, Maman"; Ähnlichkeiten zum kurz zuvor erfolgreichen "Mama" von Heintje waren sicher nicht zufällig. Anders als sein niederländischer Kollege gab Jean-Jacques die Gesangskarriere aber bald auf und wandte sich dem Sport zu. Ein Mindestalter der Interpreten wurde erst 1990 festgelegt.
In Deutschland gab es erstmals seit 1965 wieder eine Vorentscheidung, und erstmals seit 1962 konnten auch populäre und bekannte Interpreten daran teilnehmen. Peggy March, Siw Malmkvist und Rex Gildo, alle in den Vorjahren erfolgreich, sangen je drei Lieder, um dann in einem Finale das jeweils bestbewertete noch einmal vorzutragen. Unbestätigte Gerüchte sagen, dass als vierte Künstlerin Alexandra vorgesehen war, dass diese aber aus gesundheitlichen Gründen absagte. Sie starb wenige Monate später bei einem Verkehrsunfall. Siw Malmkvist konnte die Vorentscheidung mit "Primaballerina" gewinnen, sie hatte 1960 bereits ihr Heimaltland Schweden vertreten. Beim ESC kam sie auf Platz 9, und in den Verkaufslisten erreichte sie Platz 13; auch die zweitplatzierte Peggy March kam dort mit "Hey (das ist Musik für mich)" bis Platz 29.
Für die Schweiz sang Paola, und Norwegen wurde zum dritten (und letzten) Mal von Kirsti Sparboe vertreten. Bei ihren drei Einsätzen erhielt sie insgesamt nur 4 Punkte, ging aber immerhin nie leer aus.
Die Wertungsabgabe verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle; am Ende war die Moderatorin Laurita Valenzuela aber ratlos, weil gleich vier Lieder punktgleich in Führung lagen, so bat sie den Oberschiedsrichter Clifford Brown um Hilfe. Dieser erklärte alle vier zu Siegern, weil das Regelwerk einen solchen Fall nicht vorsah.
Spanien gewann somit zum zweiten Mal in Folge, den größten kommerziellen Erfolg hatte Lulu, die damals schon mit Liedern wie "Shout" oder "I'm a tiger" international bekannt war. In Startreihenfolge sind dies die Gewinner:
1. Spanien "Vivo Cantando" - Salomé
2. Vereinigtes Königreich "Boom bang-a-bang" - Lulu
3. Niederlande "De troubadour" - Lenny Kuhr
4. Frankreich "Un jour, un enfant" - Frida Boccara
Für Frankreich war es der vierte Sieg, für die Niederlande der dritte und für Spanien und das Vereinigte Königreich jeweils der zweite.
Gleich am Anfang startete der jugoslawische Beitrag, der die Höchstnote für einen anbiedernden Text verdient hätte: "Pozdrav svijetu" enthielt lediglich die auf Kroatisch gesungene Ankündigung, die ganze Welt zu grüßen, und eben diese Grüße, und das in den Sprachen aller Teilnehmer. Die Interpreten wandten einen Trick an: Eigentlich hieß die Gruppe 4M, da aber Gruppen nicht starten durften, nannten sie sich beim ESC Ivan & 3M.
Für Monaco trat der erst 13jährige Knabensopran Jean-Jacques an und besang seine "Maman, Maman"; Ähnlichkeiten zum kurz zuvor erfolgreichen "Mama" von Heintje waren sicher nicht zufällig. Anders als sein niederländischer Kollege gab Jean-Jacques die Gesangskarriere aber bald auf und wandte sich dem Sport zu. Ein Mindestalter der Interpreten wurde erst 1990 festgelegt.
In Deutschland gab es erstmals seit 1965 wieder eine Vorentscheidung, und erstmals seit 1962 konnten auch populäre und bekannte Interpreten daran teilnehmen. Peggy March, Siw Malmkvist und Rex Gildo, alle in den Vorjahren erfolgreich, sangen je drei Lieder, um dann in einem Finale das jeweils bestbewertete noch einmal vorzutragen. Unbestätigte Gerüchte sagen, dass als vierte Künstlerin Alexandra vorgesehen war, dass diese aber aus gesundheitlichen Gründen absagte. Sie starb wenige Monate später bei einem Verkehrsunfall. Siw Malmkvist konnte die Vorentscheidung mit "Primaballerina" gewinnen, sie hatte 1960 bereits ihr Heimaltland Schweden vertreten. Beim ESC kam sie auf Platz 9, und in den Verkaufslisten erreichte sie Platz 13; auch die zweitplatzierte Peggy March kam dort mit "Hey (das ist Musik für mich)" bis Platz 29.
Für die Schweiz sang Paola, und Norwegen wurde zum dritten (und letzten) Mal von Kirsti Sparboe vertreten. Bei ihren drei Einsätzen erhielt sie insgesamt nur 4 Punkte, ging aber immerhin nie leer aus.
Die Wertungsabgabe verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle; am Ende war die Moderatorin Laurita Valenzuela aber ratlos, weil gleich vier Lieder punktgleich in Führung lagen, so bat sie den Oberschiedsrichter Clifford Brown um Hilfe. Dieser erklärte alle vier zu Siegern, weil das Regelwerk einen solchen Fall nicht vorsah.
Spanien gewann somit zum zweiten Mal in Folge, den größten kommerziellen Erfolg hatte Lulu, die damals schon mit Liedern wie "Shout" oder "I'm a tiger" international bekannt war. In Startreihenfolge sind dies die Gewinner:
1. Spanien "Vivo Cantando" - Salomé
2. Vereinigtes Königreich "Boom bang-a-bang" - Lulu
3. Niederlande "De troubadour" - Lenny Kuhr
4. Frankreich "Un jour, un enfant" - Frida Boccara
Für Frankreich war es der vierte Sieg, für die Niederlande der dritte und für Spanien und das Vereinigte Königreich jeweils der zweite.
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Sonntag, 26. Juli 2020
1968
euroklaus, 10:04h
Zum dritten Mal richtete das Vereinigte Königreich den ESC aus, zum dritten Mal wurde er in London ausgetragen, und zum drittem Mal moderierte Katie Boyle, aber zwei Dinge waren am 6. April 1968 neu: Erstmals war Großbritannien als Vorjahressieger Gastgeber, und erstmals wurde der Wettbewerb in Farbe produziert und, wo dies schon möglich war, auch ausgestrahlt.
Selten nahmen aktuell populäre Künstler am ESC teil, zu groß war die Befürchtung, dass eine schlechte Platzierung Einfluss auf die Karriere haben könnte, und selbst von diesen kann man nur wenige als Weltstars bezeichnen, aber 1968 trat das auf Cliff Richard zweifellos zu. Bereits seit mehr als 10 Jahren war er erfolgreich, und er ist bis heute der Einzige, der in fünf verschiedenen Jahrzehnten jeweils mindestens einmal Platz 1 der britischen Verkaufslisten erreichte. So war er der unangefochtene Favorit, als der sein Heimatland mit „Congratulations“ vertrat, und selbst die Buchmacher waren von seinem Sieg so überzeugt, dass sie keine Wetten mehr darauf annahmen,
Als größter Konkurrent wurde Frankreich angesehen, denn dessen Beitrag „La source“ wurde von Isabelle Aubret, der Siegerin von 1962, gesungen.
Und auch in Deutschland gab aufgrund der immer größer werdenden Popularität des Wettbewerbs die Plattenindustrie ihren Widerstand auf, und so konnten auch hier aktuell erfolgreiche Teilnehmer gewonnen werden, allerdings wurden sie wieder direkt nominiert: Die Norwegerin Wencke Myhre hatte seit einigen Jahren auch in Deutschland Hits wie „Beiß nicht gleich in jeden Apfel“, und als Komponist und Dirigent konnte Horst Jankowski verpflichtet werden, dessen „Schwarzwaldfahrt“ 1965 eines der wenigen deutschen Werke war, die auch international erfolgreich waren. „Ein Hoch der Liebe“ erreichte Platz 6, das beste Ergebnis des Landes seit 1962, und vor allem wurde es auch in den Verkaufslisten notiert, was seit 1963 kein deutscher Beitrag mehr geschafft hatte.
Der Norweger Odd Børre sang ein Lied namens „Stress“, und er unterstrich den Sinn seines Liedes, indem er immer wieder Silben am Zeilenanfang wiederholte und auch insgesamt einen gestressten Eindruck machte.
Udo Jürgens trat zum fünften Mal in Folge für Österreich beim ESC in Erscheinung, diesmal allerdings als Komponist. Das von ihm geschriebene „Tausend Fenster“ wurde vom Tschechen Karel Gott gesungen, im Jahr des Prager Frühlings war das auch ein politisches Zeichen.
Beim luxemburgischen Duo beschloss die Frau, konsequent knapp die Töne zu verfehlen, und die beiden Herren aus Jugoslawien erschienen in traditioneller Landestracht. Für Aufsehen sorgten einige Mitarbeiter der ausrichtenden BBC, die verkleidet bei den Proben erschienen und sich als albanische Delegation ausgaben. Ihnen wurde tatsächlich Gelegenheit gegeben, die Bühne zu benutzen, der Schwindel flog erst auf, als eine Jazzversion von „Congratulations“ angestimmt wurde.
Vermutlich aufgrund der zahlreichen Beiträge, die in den Vorjahren keine Punkte erhalten hatte, kehrte man zum zuletzt 1961 verwendeten Wertungssystem zurück, das heißt, wieder vergaben 10 Juroren in jedem Land jeweils eine Stimme. Zunächst lagen, wie erwartet, Frankreich und das Vereinigte Königreich vorn, als Deutschland als vorletztes Land abstimmte, ging aber plötzlich Spanien mit einem Punkt Vorsprung in Führung. Jugoslawien, das als letztes aufgerufen wurde, vergab an keinen der drei Erstplatzierten Stimmen, sorgte aber dafür, dass diesmal kein Land leer ausging. So war die Überraschung, für viele Beobachter sicher sogar eine Sensation, perfekt: Spanien gewann den ESC 1968. Das Lied „La, la, la“ sollte ursprünglich von Joan Manuel Serrat gesungen werden, dieser beabsichtigte aber, es auf Katalanisch vorzutragen, was vom Regime des Landes nicht erlaubt wurde. So wurde kurzfristig Massiel verpflichtet, die das Lied dann auf Spanisch – genauer gesagt auf Kastilisch – vortrug. Es gibt Gerüchte, das spanische Fernsehen habe die deutsche Jury bestochen und von dort mehrere Fernsehsendungen gekauft, die dann nie gezeigt wurden, dies wurde allerdings nie bewiesen. Ein Trost für Cliff Richard: „La, la, la“ wurde ein Achtungserfolg, „Congratulations“ wurde weltweit ein Hit.
Selten nahmen aktuell populäre Künstler am ESC teil, zu groß war die Befürchtung, dass eine schlechte Platzierung Einfluss auf die Karriere haben könnte, und selbst von diesen kann man nur wenige als Weltstars bezeichnen, aber 1968 trat das auf Cliff Richard zweifellos zu. Bereits seit mehr als 10 Jahren war er erfolgreich, und er ist bis heute der Einzige, der in fünf verschiedenen Jahrzehnten jeweils mindestens einmal Platz 1 der britischen Verkaufslisten erreichte. So war er der unangefochtene Favorit, als der sein Heimatland mit „Congratulations“ vertrat, und selbst die Buchmacher waren von seinem Sieg so überzeugt, dass sie keine Wetten mehr darauf annahmen,
Als größter Konkurrent wurde Frankreich angesehen, denn dessen Beitrag „La source“ wurde von Isabelle Aubret, der Siegerin von 1962, gesungen.
Und auch in Deutschland gab aufgrund der immer größer werdenden Popularität des Wettbewerbs die Plattenindustrie ihren Widerstand auf, und so konnten auch hier aktuell erfolgreiche Teilnehmer gewonnen werden, allerdings wurden sie wieder direkt nominiert: Die Norwegerin Wencke Myhre hatte seit einigen Jahren auch in Deutschland Hits wie „Beiß nicht gleich in jeden Apfel“, und als Komponist und Dirigent konnte Horst Jankowski verpflichtet werden, dessen „Schwarzwaldfahrt“ 1965 eines der wenigen deutschen Werke war, die auch international erfolgreich waren. „Ein Hoch der Liebe“ erreichte Platz 6, das beste Ergebnis des Landes seit 1962, und vor allem wurde es auch in den Verkaufslisten notiert, was seit 1963 kein deutscher Beitrag mehr geschafft hatte.
Der Norweger Odd Børre sang ein Lied namens „Stress“, und er unterstrich den Sinn seines Liedes, indem er immer wieder Silben am Zeilenanfang wiederholte und auch insgesamt einen gestressten Eindruck machte.
Udo Jürgens trat zum fünften Mal in Folge für Österreich beim ESC in Erscheinung, diesmal allerdings als Komponist. Das von ihm geschriebene „Tausend Fenster“ wurde vom Tschechen Karel Gott gesungen, im Jahr des Prager Frühlings war das auch ein politisches Zeichen.
Beim luxemburgischen Duo beschloss die Frau, konsequent knapp die Töne zu verfehlen, und die beiden Herren aus Jugoslawien erschienen in traditioneller Landestracht. Für Aufsehen sorgten einige Mitarbeiter der ausrichtenden BBC, die verkleidet bei den Proben erschienen und sich als albanische Delegation ausgaben. Ihnen wurde tatsächlich Gelegenheit gegeben, die Bühne zu benutzen, der Schwindel flog erst auf, als eine Jazzversion von „Congratulations“ angestimmt wurde.
Vermutlich aufgrund der zahlreichen Beiträge, die in den Vorjahren keine Punkte erhalten hatte, kehrte man zum zuletzt 1961 verwendeten Wertungssystem zurück, das heißt, wieder vergaben 10 Juroren in jedem Land jeweils eine Stimme. Zunächst lagen, wie erwartet, Frankreich und das Vereinigte Königreich vorn, als Deutschland als vorletztes Land abstimmte, ging aber plötzlich Spanien mit einem Punkt Vorsprung in Führung. Jugoslawien, das als letztes aufgerufen wurde, vergab an keinen der drei Erstplatzierten Stimmen, sorgte aber dafür, dass diesmal kein Land leer ausging. So war die Überraschung, für viele Beobachter sicher sogar eine Sensation, perfekt: Spanien gewann den ESC 1968. Das Lied „La, la, la“ sollte ursprünglich von Joan Manuel Serrat gesungen werden, dieser beabsichtigte aber, es auf Katalanisch vorzutragen, was vom Regime des Landes nicht erlaubt wurde. So wurde kurzfristig Massiel verpflichtet, die das Lied dann auf Spanisch – genauer gesagt auf Kastilisch – vortrug. Es gibt Gerüchte, das spanische Fernsehen habe die deutsche Jury bestochen und von dort mehrere Fernsehsendungen gekauft, die dann nie gezeigt wurden, dies wurde allerdings nie bewiesen. Ein Trost für Cliff Richard: „La, la, la“ wurde ein Achtungserfolg, „Congratulations“ wurde weltweit ein Hit.
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Samstag, 25. Juli 2020
1967
euroklaus, 09:29h
Österreich richtete den ESC 1967 am 8. April in Wien aus. Am Anfang der Sendung trat Vorjahressieger Udo Jürgens als Dirigent auf und leitete das Orchester, das eine Walzerversion von „Merci Chérie“ spielte. Es folgte eine Begrüßung durch die Gastgeberin Erica Vaal, zunächst auf Deutsch. Sie wiederholte ihre recht umfangreichen Ausführungen für die angeschlossenen Länder der Eurovision, aber auch der osteuropäischen Interversion, auf Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch und Russisch, um sich dann bei den Zuschauern in Norwegen, Schweden, Finnland, den Niederlanden, Portugal und Jugoslawien zu entschuldigen, weil sie deren Sprachen nicht spreche, versprach aber, diese zu lernen, wenn der ESC das nächste Mal in Österreich stattfindet. Erica Vaal starb 2013, Österreich gewann den Wettbewerb erst wieder 2014, ich glaube aber nicht, dass es hierbei einen Zusammenhang gibt.
Dänemark verzichtete auf die Teilnahme, sodass erstmals weniger Länder als im Vorjahr dabei waren. Deutschland bestimmte seinen Beitrag, wie im Vorjahr, intern; diesmal fiel die Wahl auf „Anouschka“, interpretiert von der leidlich bekannten Inge Brück. Wieder gab es eine Platzierung im Mittelfeld, und wieder tauchte das Lied in den Verkaufslisten nicht auf.
Für Luxemburg trat Vicky Leandros an, damals noch ohne Nachnamen. Nach eigenen Angaben wurde sie 1952 geboren, der österreichische Kommentator kündigte sie allerdings als 17jährige in Hamburg lebende Griechin an. Ihr Lied „L‘amour est bleu“ belegte Platz 4 im Wettbewerb und wurde ein internationaler Erfolg, zum einen, weil Vicky das Lied in sieben Sprachen aufnahm, zum anderen durch die Instrumentalversion „Love is blue“ des Orchesters Paul Mauriat. Die Autoren des Liedes waren André Popp und Pierre Cour, die auch schon den Siegertitel 1960 „Tom Pillibi“ geschrieben hatten.
Zu Beginn der Lieder wurden die Titel in drei Sprachen angekündigt, und meist waren die Übersetzungen korrekt. Ausgerechnet der österreichische Beitrag „Warum es hunderttausend Sterne gibt“ war den Redakteuren aber vielleicht zu lang; auf Englisch und Französisch wurde er nur als „Why“ bzw. „Pourquoi“ eingeblendet. Der Sänger des Liedes war Peter Horten, der sich später wegen der Verwechslungsgefahr mit einer Kaufhauskette (die älteren Leser dieser Zeilen werden sich vielleicht erinnern) Peter Horton nannte.
Auch für Frankreich traten die Autoren eines früheren Siegertitels wieder an; Hubert Giraud und Pierre Delanoë hatten 1958 „Dors mon amour“ geschrieben. 1967 landete ihr „Il doit faire beau là-bas“, gesungen von Noëlle Cordier, auf Platz 3.
Der ESC passte sich langsam der modernen Zeit an, was sich auch bei der Kleidung der Künstler bemerkbar machte. Die Röcke wurden kürzer, wieder trug eine Sängerin einen Hosenanzug, und der Schwede verzichtete auf Fliege oder Krawatte und wählte stattdessen einen Rollkragenpullover. Auslöser diese Entwicklung war das Siegerlied 1965, das Serge Gainsbourg geschrieben hatte, und genau dieser trat auch 1967 wieder als Autor an, diesmal für Monaco. Die Sängerin Minouche Barelli prophezeit einen großen Knall zum Weltuntergang und beschließt, dass sie vorher noch einmal viel Spaß haben will: „Boum badaboum“!
Die Wertungsvergabe verlief zunächst ohne besondere Vorkommnisse, allerdings gab es nach einiger Zeit Probleme, die Punkte korrekt auf der Anzeigetafel darzustellen, was der Oberschiedsrichter Clifford Brown mehrmals korrigieren musste. Erica Vaal vesuchte, in der so entstandenen Pause einen Zwischenstand zu nennen, konnte aber die Wertungen offenbar schlecht sehen und irrte sich deshalb mehrmals. Bereits vor der letzten Jury, der irischen, begann sie, den Sieger zu verkünden, durch ein Raunen im Saal bemerkte sie ihren Fehler. Der irische Sprecher gab sarkastisch an, er habe gedacht, dass das Land ausgelassen wird – Erica Vaal hatte mehr als einmal Gelegenheit, die Worte „I‘m so sorry“ zu sagen.
Der Sieger stand allerdings schon viel früher fest, zu groß war der Abstand zu den anderen Liedern: „Puppet on a string“, gesungen von Sandie Shaw, bekam 47 Punkte, der zweitplatzierte irische Beitrag nicht einmal die Hälfte, nämlich 22. Der Titel vertrat das Vereinigte Königreich, das seine Taktik, offenbar erfolgreich, geändert hatte: Die BBC veranstaltete keine Vorentscheidungen mehr, sondern nominierte auch international populäre Künstler direkt, die dann mehrere Lieder zur Auswahl vorstellten. So war Sandie Shaw, deren Markenzeichen es war, dass sie barfuß auftrat, bereits durch Lieder wie „Long live love“ bekannt. Der Erfolg gab den Briten recht, alle bis 1975 so ermittelten Beiträge belegten einen der ersten vier Plätze beim ESC und wurden zudem kommerzielle Erfolge.
Nicht nur Sandie Shaw besang übrigens eine Spielzeugpuppe, nämlich eine Marionette, auch der norwegische Beitrag hieß „Dukkemann“, also „Hampelmann“.
Dänemark verzichtete auf die Teilnahme, sodass erstmals weniger Länder als im Vorjahr dabei waren. Deutschland bestimmte seinen Beitrag, wie im Vorjahr, intern; diesmal fiel die Wahl auf „Anouschka“, interpretiert von der leidlich bekannten Inge Brück. Wieder gab es eine Platzierung im Mittelfeld, und wieder tauchte das Lied in den Verkaufslisten nicht auf.
Für Luxemburg trat Vicky Leandros an, damals noch ohne Nachnamen. Nach eigenen Angaben wurde sie 1952 geboren, der österreichische Kommentator kündigte sie allerdings als 17jährige in Hamburg lebende Griechin an. Ihr Lied „L‘amour est bleu“ belegte Platz 4 im Wettbewerb und wurde ein internationaler Erfolg, zum einen, weil Vicky das Lied in sieben Sprachen aufnahm, zum anderen durch die Instrumentalversion „Love is blue“ des Orchesters Paul Mauriat. Die Autoren des Liedes waren André Popp und Pierre Cour, die auch schon den Siegertitel 1960 „Tom Pillibi“ geschrieben hatten.
Zu Beginn der Lieder wurden die Titel in drei Sprachen angekündigt, und meist waren die Übersetzungen korrekt. Ausgerechnet der österreichische Beitrag „Warum es hunderttausend Sterne gibt“ war den Redakteuren aber vielleicht zu lang; auf Englisch und Französisch wurde er nur als „Why“ bzw. „Pourquoi“ eingeblendet. Der Sänger des Liedes war Peter Horten, der sich später wegen der Verwechslungsgefahr mit einer Kaufhauskette (die älteren Leser dieser Zeilen werden sich vielleicht erinnern) Peter Horton nannte.
Auch für Frankreich traten die Autoren eines früheren Siegertitels wieder an; Hubert Giraud und Pierre Delanoë hatten 1958 „Dors mon amour“ geschrieben. 1967 landete ihr „Il doit faire beau là-bas“, gesungen von Noëlle Cordier, auf Platz 3.
Der ESC passte sich langsam der modernen Zeit an, was sich auch bei der Kleidung der Künstler bemerkbar machte. Die Röcke wurden kürzer, wieder trug eine Sängerin einen Hosenanzug, und der Schwede verzichtete auf Fliege oder Krawatte und wählte stattdessen einen Rollkragenpullover. Auslöser diese Entwicklung war das Siegerlied 1965, das Serge Gainsbourg geschrieben hatte, und genau dieser trat auch 1967 wieder als Autor an, diesmal für Monaco. Die Sängerin Minouche Barelli prophezeit einen großen Knall zum Weltuntergang und beschließt, dass sie vorher noch einmal viel Spaß haben will: „Boum badaboum“!
Die Wertungsvergabe verlief zunächst ohne besondere Vorkommnisse, allerdings gab es nach einiger Zeit Probleme, die Punkte korrekt auf der Anzeigetafel darzustellen, was der Oberschiedsrichter Clifford Brown mehrmals korrigieren musste. Erica Vaal vesuchte, in der so entstandenen Pause einen Zwischenstand zu nennen, konnte aber die Wertungen offenbar schlecht sehen und irrte sich deshalb mehrmals. Bereits vor der letzten Jury, der irischen, begann sie, den Sieger zu verkünden, durch ein Raunen im Saal bemerkte sie ihren Fehler. Der irische Sprecher gab sarkastisch an, er habe gedacht, dass das Land ausgelassen wird – Erica Vaal hatte mehr als einmal Gelegenheit, die Worte „I‘m so sorry“ zu sagen.
Der Sieger stand allerdings schon viel früher fest, zu groß war der Abstand zu den anderen Liedern: „Puppet on a string“, gesungen von Sandie Shaw, bekam 47 Punkte, der zweitplatzierte irische Beitrag nicht einmal die Hälfte, nämlich 22. Der Titel vertrat das Vereinigte Königreich, das seine Taktik, offenbar erfolgreich, geändert hatte: Die BBC veranstaltete keine Vorentscheidungen mehr, sondern nominierte auch international populäre Künstler direkt, die dann mehrere Lieder zur Auswahl vorstellten. So war Sandie Shaw, deren Markenzeichen es war, dass sie barfuß auftrat, bereits durch Lieder wie „Long live love“ bekannt. Der Erfolg gab den Briten recht, alle bis 1975 so ermittelten Beiträge belegten einen der ersten vier Plätze beim ESC und wurden zudem kommerzielle Erfolge.
Nicht nur Sandie Shaw besang übrigens eine Spielzeugpuppe, nämlich eine Marionette, auch der norwegische Beitrag hieß „Dukkemann“, also „Hampelmann“.
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Freitag, 24. Juli 2020
1966
euroklaus, 08:54h
Der ESC 1966 wurde am 5. März in Luxemburg ausgetragen. Deutschland verzichtete nach den Misserfolgen der Vorjahre auf eine Vorentscheidung und nominierte den Beitrag "Die Zeiger der Uhr" direkt; Interpretin war Margot Eskens. Sie hatte ihre größten Erfolge wie "Cindy, oh Cindy" etwa zehn Jahre zuvor und hoffte, daran anknüpfen zu können. Sie hatte bereits an den Schlagerfestspielen 1962 teilgenommen und sich als eventuellen Ersatz für Heidi Brühl 1963 zur Verfügung gestellt. Beim ESC belegte sie Platz 10; es war das erste Mal seit drei Jahren, dass Deutschland überhaupt Punkte erhielt. In den Verkaufslisten konnte sich das Lied aber wieder nicht platzieren.
Zum dritten Mal in Folge trat Udo Jürgens für Österreich an, und diesmal gelang der Sieg. "Merci, Chérie" bekam 31 Punkte und damit fast doppelt so viele wie das zweitplatzierte Lied (16). Der Sänger bedankte sich für die Benotungen mit den Worten 'Merci, juries'.
Die nordischen Länder waren mit der Entscheidung, dass die Lieder nunmehr in einer Landessprache vorgetragen werden mussten, nicht einverstanden, sie sahen sich hierdurch benachteiligt. Sie heckten daher, wie sie erst viele Jahre später zugaben, einen Komplott aus - sie alle vergaben an ihre Nachbarn hohe Punktzahlen. Insbesondere der schwedische Beitrag profitierte davon, er bekam von Norwegen, Dänemark und Finnland jeweils die Höchstnote von 5 Punkten. Außerhalb des Nordens vergab nur die Schweiz einen Punkt an das Lied, aber die 16 Punkte reichten für Platz 2. "Nygammal vals eller hip man svinaherde" war eine bizarre Liebesgeschichte zwischen einem adligen Mädchen und einem Schweinehirten; gesungen wurde der Jazzwalzer von Lill Lindfors und Svante Thuresson.
Gleich dahinter, auf Platz 3, landete Norwegen. "Intet er nytt under solen" war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zunächst musikalisch, weil es im beim ESC ungewöhnlichen Fünfertakt gehalten war. Vor allem aber optisch, denn die Sängerin Åse Kleveland begleitete sich selbst auf der Gitarre und trug einen Hosenanzug; beides hatte es im Wettbewerb vorher noch nicht gegeben. Beide Frauen, die Schweden und Norwegen vertraten, kehrten zwei Jahrzehnte später als Moderatorinnen zum ESC zurück.
Mit Belgien auf Platz 4 erreichte ein weiteres Land das bis dahin beste Ergebnis beim ESC; die bis dahin erfolgreichen Länder Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Niederlande hingegen fanden sich in der zweiten Tabellenhälfte wieder. Der britische Interpret Kenneth McKellar trug einen Kilt, und auch die Niederlande sorgten für eine Premiere: Milly Scott war die erste farbige Sängerin im Wettbewerb; sie wurde bei ihrem Lied "Fernando en Filippo" von zwei Männern begleitet, die Gitarre spielten und offenbar die beiden besungenen Herren optisch darstellen sollten. Sensationell finde ich die artistischen Fähigkeiten von Milly Scott, als sie zum Ende des Vortrags seitwärts eine Treppe hinauftänzelt, ohne zu stolpern oder sich im Mikrofonkabel zu verfangen.
Optisch untermalt wurde auch der dänische Beitrag, bei dem ein Tanzpaar sein Können zeigte.
Gerüchte behaupten, dass bei der internen Selektion in Frankreich auch Mireille Mathieu mit ihrem Lied "C'est ton nom" zur Auswahl stand; hierfür konnte ich allerdings keine verlässlichen Belege finden.
Für Italien sang Domenico Modugno, der Ende der 1950er Jahre Klassiker wie "Volare" auf die ESC-Bühne brachte. Während der Proben seines Liedes "Dio, come ti amo" reagierte er allerdings verärgert, weil ihm die Begleitung durch das Orchester nicht zusagte und drohte sogar sogar mit vorzeitiger Abreise. Er blieb, belegte aber den letzten Platz mit 0 Punkten. Er trat nie wieder beim ESC auf; sein Lied wurde trotzdem ein großer Erfolg, auch in der Version von Gigliola Cinquetti.
Zum dritten Mal in Folge trat Udo Jürgens für Österreich an, und diesmal gelang der Sieg. "Merci, Chérie" bekam 31 Punkte und damit fast doppelt so viele wie das zweitplatzierte Lied (16). Der Sänger bedankte sich für die Benotungen mit den Worten 'Merci, juries'.
Die nordischen Länder waren mit der Entscheidung, dass die Lieder nunmehr in einer Landessprache vorgetragen werden mussten, nicht einverstanden, sie sahen sich hierdurch benachteiligt. Sie heckten daher, wie sie erst viele Jahre später zugaben, einen Komplott aus - sie alle vergaben an ihre Nachbarn hohe Punktzahlen. Insbesondere der schwedische Beitrag profitierte davon, er bekam von Norwegen, Dänemark und Finnland jeweils die Höchstnote von 5 Punkten. Außerhalb des Nordens vergab nur die Schweiz einen Punkt an das Lied, aber die 16 Punkte reichten für Platz 2. "Nygammal vals eller hip man svinaherde" war eine bizarre Liebesgeschichte zwischen einem adligen Mädchen und einem Schweinehirten; gesungen wurde der Jazzwalzer von Lill Lindfors und Svante Thuresson.
Gleich dahinter, auf Platz 3, landete Norwegen. "Intet er nytt under solen" war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zunächst musikalisch, weil es im beim ESC ungewöhnlichen Fünfertakt gehalten war. Vor allem aber optisch, denn die Sängerin Åse Kleveland begleitete sich selbst auf der Gitarre und trug einen Hosenanzug; beides hatte es im Wettbewerb vorher noch nicht gegeben. Beide Frauen, die Schweden und Norwegen vertraten, kehrten zwei Jahrzehnte später als Moderatorinnen zum ESC zurück.
Mit Belgien auf Platz 4 erreichte ein weiteres Land das bis dahin beste Ergebnis beim ESC; die bis dahin erfolgreichen Länder Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Niederlande hingegen fanden sich in der zweiten Tabellenhälfte wieder. Der britische Interpret Kenneth McKellar trug einen Kilt, und auch die Niederlande sorgten für eine Premiere: Milly Scott war die erste farbige Sängerin im Wettbewerb; sie wurde bei ihrem Lied "Fernando en Filippo" von zwei Männern begleitet, die Gitarre spielten und offenbar die beiden besungenen Herren optisch darstellen sollten. Sensationell finde ich die artistischen Fähigkeiten von Milly Scott, als sie zum Ende des Vortrags seitwärts eine Treppe hinauftänzelt, ohne zu stolpern oder sich im Mikrofonkabel zu verfangen.
Optisch untermalt wurde auch der dänische Beitrag, bei dem ein Tanzpaar sein Können zeigte.
Gerüchte behaupten, dass bei der internen Selektion in Frankreich auch Mireille Mathieu mit ihrem Lied "C'est ton nom" zur Auswahl stand; hierfür konnte ich allerdings keine verlässlichen Belege finden.
Für Italien sang Domenico Modugno, der Ende der 1950er Jahre Klassiker wie "Volare" auf die ESC-Bühne brachte. Während der Proben seines Liedes "Dio, come ti amo" reagierte er allerdings verärgert, weil ihm die Begleitung durch das Orchester nicht zusagte und drohte sogar sogar mit vorzeitiger Abreise. Er blieb, belegte aber den letzten Platz mit 0 Punkten. Er trat nie wieder beim ESC auf; sein Lied wurde trotzdem ein großer Erfolg, auch in der Version von Gigliola Cinquetti.
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Donnerstag, 23. Juli 2020
1965
euroklaus, 09:42h
Der ESC 1965 fand am 20. März statt, Austragungsort war Neapel. Schweden kam nach einjähriger Pause wieder zum Wettbewerb zurück, und Irland nahm erstmals teil, sodass mit 18 Beiträgen ein neuer Rekord aufgestellt wurde.
In Deutschland sank das Interesse am Wettbewerb, wieder wurde eine Vorentscheidung mit eher unbekannten Interpreten (von denen wieder einer Rene Kollo war) durchgeführt. Den Siegertitel „Paradies, wo bist du?“ sang Ulla Wiesner, die überwiegend als Chorsängerin tätig war, als Solistin aber kaum in Erscheinung trat. Wie im Vorjahr belegte Deutschland punktgleich den letzten Platz, wieder mit 0 Punkten.
In Schweden gewann Ingvar Wixell die nationale Vorentscheidung mit „Annorstädes vals“. Er trat mit diesem Lied auch beim ESC an, entschied sich aber für die englische Version „Absent friends“. Bis dahin galt es als ungeschriebenes Gesetz, dass alle Länder für ihre Beiträge eine ihrer Landessprachen wählten, im Regelwerk gab es hierzu aber keine Bestimmungen. Die veranstaltende EBU reagierte prompt, vom Folgejahr an wurden die Landessprachen zur Pflicht. Schweden belegte Platz 10.
Österreich wurde, wie im Vorjahr, von Udo Jürgens vertreten. Mit „Sag ihr, ich lass‘ sie grüßen“ belegte er Platz 4, das bis dahin beste Ergebnis des Landes.
Der Franzose Serge Gainsbourg war für seine oft zweideutigen Texte bekannt. 1965 wagte er ein Experiment: International waren Gruppen wie die Beatles und die Rolling Stones populär, und auch in Frankreich war die dortige Version, die Yéyé-Musik, erfolgreich. Gainsbourg schrieb ein Lied in diesem Stil, das vordergründig von den Gedanken eines verliebten Teenagers handelte, zwischen den Zeilen aber durchaus auch eine erotische Bedeutung hatte. Als Interpretin für „Poupée de cire, poupée de son“ wählte er die damals 16jährige France Gall, weil sie seiner Meinung nach die nötige unschuldig-naive Ausstrahlung hatte. Es stellte sich heraus, dass diese Naivität nicht gespielt war, France Gall war sich der Doppeldeutigkeit tatsächlich nicht bewusst; als sie ihr klar wurde, brach sie den Kontakt zu Gainsbourg ab und weigerte sich fortan, das Lied noch einmal zu singen. Für den ESC war das Lied auch musikalisch eine Art Revolution, bis dahin hatten festliche und getragene Lieder nach dem Vorbild des Chanson den Wettbewerb beherrscht. Das war auch der Grund, warum Frankreich das Lied nicht zum ESC schicken wollte, schließlich war man mit der bisherigen Musik ja sehr erfolgreich. Luxemburg hingegen sagte zu und nominierte den Titel ohne Vorentscheidung. Den internationalen Juroren gefiel der Beitrag, er gewann den Contest. Auffällig ist, dass die französischsprachigen Länder Frankreich, Monaco und Belgien keine Punkte vergaben, vielleicht, weil ihnen, im Gegensatz zur Interpretin, die volle Bedeutung des Textes bewusst war.
„Poupée de cire, poupée de son“ wurde ein internationaler Erfolg.
In Deutschland sank das Interesse am Wettbewerb, wieder wurde eine Vorentscheidung mit eher unbekannten Interpreten (von denen wieder einer Rene Kollo war) durchgeführt. Den Siegertitel „Paradies, wo bist du?“ sang Ulla Wiesner, die überwiegend als Chorsängerin tätig war, als Solistin aber kaum in Erscheinung trat. Wie im Vorjahr belegte Deutschland punktgleich den letzten Platz, wieder mit 0 Punkten.
In Schweden gewann Ingvar Wixell die nationale Vorentscheidung mit „Annorstädes vals“. Er trat mit diesem Lied auch beim ESC an, entschied sich aber für die englische Version „Absent friends“. Bis dahin galt es als ungeschriebenes Gesetz, dass alle Länder für ihre Beiträge eine ihrer Landessprachen wählten, im Regelwerk gab es hierzu aber keine Bestimmungen. Die veranstaltende EBU reagierte prompt, vom Folgejahr an wurden die Landessprachen zur Pflicht. Schweden belegte Platz 10.
Österreich wurde, wie im Vorjahr, von Udo Jürgens vertreten. Mit „Sag ihr, ich lass‘ sie grüßen“ belegte er Platz 4, das bis dahin beste Ergebnis des Landes.
Der Franzose Serge Gainsbourg war für seine oft zweideutigen Texte bekannt. 1965 wagte er ein Experiment: International waren Gruppen wie die Beatles und die Rolling Stones populär, und auch in Frankreich war die dortige Version, die Yéyé-Musik, erfolgreich. Gainsbourg schrieb ein Lied in diesem Stil, das vordergründig von den Gedanken eines verliebten Teenagers handelte, zwischen den Zeilen aber durchaus auch eine erotische Bedeutung hatte. Als Interpretin für „Poupée de cire, poupée de son“ wählte er die damals 16jährige France Gall, weil sie seiner Meinung nach die nötige unschuldig-naive Ausstrahlung hatte. Es stellte sich heraus, dass diese Naivität nicht gespielt war, France Gall war sich der Doppeldeutigkeit tatsächlich nicht bewusst; als sie ihr klar wurde, brach sie den Kontakt zu Gainsbourg ab und weigerte sich fortan, das Lied noch einmal zu singen. Für den ESC war das Lied auch musikalisch eine Art Revolution, bis dahin hatten festliche und getragene Lieder nach dem Vorbild des Chanson den Wettbewerb beherrscht. Das war auch der Grund, warum Frankreich das Lied nicht zum ESC schicken wollte, schließlich war man mit der bisherigen Musik ja sehr erfolgreich. Luxemburg hingegen sagte zu und nominierte den Titel ohne Vorentscheidung. Den internationalen Juroren gefiel der Beitrag, er gewann den Contest. Auffällig ist, dass die französischsprachigen Länder Frankreich, Monaco und Belgien keine Punkte vergaben, vielleicht, weil ihnen, im Gegensatz zur Interpretin, die volle Bedeutung des Textes bewusst war.
„Poupée de cire, poupée de son“ wurde ein internationaler Erfolg.
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Mittwoch, 22. Juli 2020
1964
euroklaus, 09:11h
Vorjahressieger Dänemark richtete den ESC 1964 aus; er fand am 21. März in Kopenhagen statt. Wie in den letzten drei Jahren nahmen 16 Länder teil, aber ihre Zusammensetzung war diesmal anders: Schweden pausierte wegen eines Künstlerstreiks, dafür war Portugal erstmals am Start. Das Land war damals, genau wie sein Nachbar Spanien, eine rechtsgerichtete Diktatur, was einen Demonstranten dazu veranlasste, die Bühne zu stürmen und gegen die Machthaber Salazar und Franco zu protestieren. Er wurde schnell von Sicherheitskräften überwältigt; leider existieren keine Filmaufnahmen mehr von diesem Wettbewerb, da sie bei einem Feuer den Flammen zum Opfer fielen.
Das wieder nicht zufriedenstellende Ergebnis im Vorjahr bewirkte wieder, dass die deutschen Plattenfirmen weiterhin ihre erfolgreichen Künstler nicht für den ESC zur Verfügung stellten. So fand eine Vorentscheidung mit nur sechs Teilnehmern statt, deren Interpreten entweder eher unbekannt waren oder den Zenit ihrer Karriere bereits überschritten hatten. Zu ihnen gehörte Rene Kollo, der später als klassischer Tenor bekannt wurde, als Schlagersänger aber weniger erfolgreich war. Der Sieg ging an das Lied „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne“, gesungen von der bulgarischstämmigen Nora Nova, die im Vorjahr mit „Männer gibt‘s wie Sand am Meer“ einen Achtungserfolg hatte; beim ESC wurde sie punktgleich Letzte mit 0 Punkten und beendete bald darauf ihre Gesangskarriere. Erst mehr als 40 Jahre später wurde sie als Gast bei einer bulgarischen Vorentscheidung wieder in der Öffentlichkeit gesehen.
Für Spanien sang das Trio „Los TNT“ , das aus den uruguayischen Geschwistern Nelly, Tim und Tony bestand. Da das Regelwerk aber nur Solisten oder Duos erlaubte, wurde Nelly offiziell zur Hauptsängerin und ihre Brüder zum begleitenden Chor erklärt.
Österreich wurde erstmals von Udo Jürgens vertreten. Sein Lied „Warum nur, warum“ belegte Platz 6 und gefiel dem britischen Vertreter Matt Monro so gut, dass er eine englische Version namens „Walk away“ aufnahm und als Single veröffentlichte. Sein eigener, besser platzierter, Beitrag „I love the little things“, diente hierbei nur als B-Seite.
An der norwegischen Vorentscheidung nahm Wenche (Schreibweise in Deutschland: Wencke) Myhre teil. Ihr Lied „La meg være ung“ belegte dort zwar nur Platz 3, wurde aber national ein großer Erfolg.
Das Wertungssystem wurde wieder geändert: Nunmehr vergaben die Jurys an ihre drei Favoriten 5, 3 und 1 Punkte. Acht von ihnen gaben dem italienischen Beitrag „Non ho l‘età (per amarti)“ die Höchstzahl von 5 Punkten, drei weitere 3, wodurch das Lied haushoch mit 49 Punkten gewann; der zweitplatzierte Brite folgte mit großem Abstand und 17 Punkten. Interpretin des Siegertitels war die damals erst 16jährige Gigliola Cinquetti, die seinerzeit „das Wasser-und-Seife-Mädchen“ genannt wurde, weil sie ungeschminkt auftrat. Nur von diesem Auftritt existieren noch ein paar bewegte Bilder:
„Non ho l‘età“, das auch schon das Sanremo-Festival gewonnen hatte, wurde ein internationaler Erfolg.
Das wieder nicht zufriedenstellende Ergebnis im Vorjahr bewirkte wieder, dass die deutschen Plattenfirmen weiterhin ihre erfolgreichen Künstler nicht für den ESC zur Verfügung stellten. So fand eine Vorentscheidung mit nur sechs Teilnehmern statt, deren Interpreten entweder eher unbekannt waren oder den Zenit ihrer Karriere bereits überschritten hatten. Zu ihnen gehörte Rene Kollo, der später als klassischer Tenor bekannt wurde, als Schlagersänger aber weniger erfolgreich war. Der Sieg ging an das Lied „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne“, gesungen von der bulgarischstämmigen Nora Nova, die im Vorjahr mit „Männer gibt‘s wie Sand am Meer“ einen Achtungserfolg hatte; beim ESC wurde sie punktgleich Letzte mit 0 Punkten und beendete bald darauf ihre Gesangskarriere. Erst mehr als 40 Jahre später wurde sie als Gast bei einer bulgarischen Vorentscheidung wieder in der Öffentlichkeit gesehen.
Für Spanien sang das Trio „Los TNT“ , das aus den uruguayischen Geschwistern Nelly, Tim und Tony bestand. Da das Regelwerk aber nur Solisten oder Duos erlaubte, wurde Nelly offiziell zur Hauptsängerin und ihre Brüder zum begleitenden Chor erklärt.
Österreich wurde erstmals von Udo Jürgens vertreten. Sein Lied „Warum nur, warum“ belegte Platz 6 und gefiel dem britischen Vertreter Matt Monro so gut, dass er eine englische Version namens „Walk away“ aufnahm und als Single veröffentlichte. Sein eigener, besser platzierter, Beitrag „I love the little things“, diente hierbei nur als B-Seite.
An der norwegischen Vorentscheidung nahm Wenche (Schreibweise in Deutschland: Wencke) Myhre teil. Ihr Lied „La meg være ung“ belegte dort zwar nur Platz 3, wurde aber national ein großer Erfolg.
Das Wertungssystem wurde wieder geändert: Nunmehr vergaben die Jurys an ihre drei Favoriten 5, 3 und 1 Punkte. Acht von ihnen gaben dem italienischen Beitrag „Non ho l‘età (per amarti)“ die Höchstzahl von 5 Punkten, drei weitere 3, wodurch das Lied haushoch mit 49 Punkten gewann; der zweitplatzierte Brite folgte mit großem Abstand und 17 Punkten. Interpretin des Siegertitels war die damals erst 16jährige Gigliola Cinquetti, die seinerzeit „das Wasser-und-Seife-Mädchen“ genannt wurde, weil sie ungeschminkt auftrat. Nur von diesem Auftritt existieren noch ein paar bewegte Bilder:
„Non ho l‘età“, das auch schon das Sanremo-Festival gewonnen hatte, wurde ein internationaler Erfolg.
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Dienstag, 21. Juli 2020
1963
euroklaus, 04:58h
Frankreich hatte den ESC dreimal in fünf Jahren gewonnen und zweimal ausgerichtet; man bat daher, 1963 nicht Gastgeber sein zu müssen. Wieder, wie drei Jahre zuvor, sprang das Vereinigte Königreich stattdessen ein, wieder war London der Austragungsort, und wieder war Katie Boyle die Gastgeberin.
Die Veranstaltung fand am 23. März in zwei benachbarten Hallen statt; in einer befanden sich die Moderatorin und das Publikum, in der anderen wurden die Lieder aufgeführt. Auffällig ist, dass keine Mikrofone sichtbar waren, zudem verliefen die Umbauten zwischen den Liedern erstaunlich schnell. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Beiträge im Playback-Verfahren aufgezeichnet wurden; hierfür spricht auch, dass sie alle den Studio-Versionen verdächtig ähnlich klingen. Die ausrichtende BBC versichert zwar, dass alle Auftritte regelgerecht absolviert wurden, ich zweifle hieran aber sehr.
Deutschland hatte im Vorjahr mit seinem kommerziell erfolgreichen Lied relativ schlecht abgeschnitten; als Folge hiervon zog die Plattenindustrie ihre bekannten Künstler zurück, und auch die Schlagerfestspiele standen nicht mehr als Vorentscheidung zur Verfügung; beides wurde damit begründet, man befürchte Nachteile für die Interpreten und Lieder im Fall eines schlechten Ergebnisses. Da kam ein eigentlich unerfreuliches Ereignis dem federführenden Hessischen Rundfunk gerade recht: Heidi Brühl wurde von ihrem früheren Management um eine größere Summe betrogen und brauchte jetzt dringend Geld. So beschloss man, die Sängerin direkt zu nominieren, in einer Fernsehsendung stellte sie fünf Lieder zur Auswahl, aus denen die Zuschauer per Postkarte ihren Favoriten wählen konnten. Sie entschieden sich für „Marcel“. Allerdings war Heidi Brühl im Vorfeld der Sendung zeitweise unpässlich, sodass vorsichtshalber auch Margot Eskens alle Lieder einspielte. Heidi Brühl erholte sich und trat beim ESC in London an, Margot Eskens kam drei Jahre später zu ihrem Eurovisionseinsatz.
Am ESC 1963 nahmen, anders als in den Vorjahren, mehrere international bekannte Künstlerinnen teil, interessanterweise keine von ihnen für ihr Heimatland: Die Griechin Nana Mouskouri sang für Luxemburg, die Israelitinnen Esther Ofarim und Carmela Corren für die Schweiz und Österreich, und die Französin Françoise Hardy vertrat Monaco.
Das Wertungssystem wurde, vermutlich wegen der hohen Anzahl an Null-Punkte-Ergebnissen, abgewandelt: Nunmehr vergaben die Jurys an ihre fünf Favoriten 5, 4, 3, 2 und 1 Punkte. Bei der Vergabe sollte zunächst die Startnummer, dann das Land und dann die Anzahl der Punkte genannt werden. Der norwegische Sprecher hielt sich nicht daran und nannte seine Wertungen in einer anderen Reihenfolge. Er konnte zwar alle Punkte vergeben, Katie Boyle bat ihn aber trotzdem, die Punkte noch einmal ordnungsgemäß zu wiederholen. Der Norweger erbat sich hierzu etwas Bedenkzeit und wurde am Ende der Punktabgabe erneut aufgerufen. Die Wertungen, die er jetzt nannte, stimmten aber mit seiner ursprünglichen Angabe nicht überein, sodass plötzlich die Schweiz, die lange in Führung gelegen hatte, von Dänemark überholt wurde, das dann zum Sieger erklärt wurde. Nach der ursprünglichen Stimmvergabe der Norweger hätte die Schweiz gewonnen. Der norwegische ESC-Fanclub OGAE machte sich viele Jahre später auf die Suche nach den Wertungszetteln und bestätigte, dass die zweite Vergabe korrekt gewesen sei, Dänemark also rechtmäßig gewonnen habe. Mich überzeugt das ehrlich gesagt nicht; wie kamen die ursprünglichen Punkte zustande? Und was wäre gewesen, wenn sie akzeptiert geworden wären und sich womöglich später herausgestellt hätte, dass sie fehlerhaft waren? Und warum will das Wort „Nachbarschaftshilfe“ nicht aus meinem Kopf verschwinden?
Wie dem auch sei, Dänemark wird in den Listen als Sieger geführt, der Beitrag „Dansevise“ wurde von Grethe und Jørgen Ingmann interpretiert; ich zögere, die beiden als Duo zu bezeichnen, nur Grethe sang und wurde von ihrem Mann auf der Gitarre begleitet.
Auch das neue System brachte vier Lieder hervor, die keine Punkte bekamen, darunter die nordischen Länder Norwegen, Schweden und Finnland. Auffällig ist der große Unterschied zwischen Luxemburg auf Platz 8 (13 Punkte) und Deutschland auf Platz 9 (5 Punkte).
Die Veranstaltung fand am 23. März in zwei benachbarten Hallen statt; in einer befanden sich die Moderatorin und das Publikum, in der anderen wurden die Lieder aufgeführt. Auffällig ist, dass keine Mikrofone sichtbar waren, zudem verliefen die Umbauten zwischen den Liedern erstaunlich schnell. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Beiträge im Playback-Verfahren aufgezeichnet wurden; hierfür spricht auch, dass sie alle den Studio-Versionen verdächtig ähnlich klingen. Die ausrichtende BBC versichert zwar, dass alle Auftritte regelgerecht absolviert wurden, ich zweifle hieran aber sehr.
Deutschland hatte im Vorjahr mit seinem kommerziell erfolgreichen Lied relativ schlecht abgeschnitten; als Folge hiervon zog die Plattenindustrie ihre bekannten Künstler zurück, und auch die Schlagerfestspiele standen nicht mehr als Vorentscheidung zur Verfügung; beides wurde damit begründet, man befürchte Nachteile für die Interpreten und Lieder im Fall eines schlechten Ergebnisses. Da kam ein eigentlich unerfreuliches Ereignis dem federführenden Hessischen Rundfunk gerade recht: Heidi Brühl wurde von ihrem früheren Management um eine größere Summe betrogen und brauchte jetzt dringend Geld. So beschloss man, die Sängerin direkt zu nominieren, in einer Fernsehsendung stellte sie fünf Lieder zur Auswahl, aus denen die Zuschauer per Postkarte ihren Favoriten wählen konnten. Sie entschieden sich für „Marcel“. Allerdings war Heidi Brühl im Vorfeld der Sendung zeitweise unpässlich, sodass vorsichtshalber auch Margot Eskens alle Lieder einspielte. Heidi Brühl erholte sich und trat beim ESC in London an, Margot Eskens kam drei Jahre später zu ihrem Eurovisionseinsatz.
Am ESC 1963 nahmen, anders als in den Vorjahren, mehrere international bekannte Künstlerinnen teil, interessanterweise keine von ihnen für ihr Heimatland: Die Griechin Nana Mouskouri sang für Luxemburg, die Israelitinnen Esther Ofarim und Carmela Corren für die Schweiz und Österreich, und die Französin Françoise Hardy vertrat Monaco.
Das Wertungssystem wurde, vermutlich wegen der hohen Anzahl an Null-Punkte-Ergebnissen, abgewandelt: Nunmehr vergaben die Jurys an ihre fünf Favoriten 5, 4, 3, 2 und 1 Punkte. Bei der Vergabe sollte zunächst die Startnummer, dann das Land und dann die Anzahl der Punkte genannt werden. Der norwegische Sprecher hielt sich nicht daran und nannte seine Wertungen in einer anderen Reihenfolge. Er konnte zwar alle Punkte vergeben, Katie Boyle bat ihn aber trotzdem, die Punkte noch einmal ordnungsgemäß zu wiederholen. Der Norweger erbat sich hierzu etwas Bedenkzeit und wurde am Ende der Punktabgabe erneut aufgerufen. Die Wertungen, die er jetzt nannte, stimmten aber mit seiner ursprünglichen Angabe nicht überein, sodass plötzlich die Schweiz, die lange in Führung gelegen hatte, von Dänemark überholt wurde, das dann zum Sieger erklärt wurde. Nach der ursprünglichen Stimmvergabe der Norweger hätte die Schweiz gewonnen. Der norwegische ESC-Fanclub OGAE machte sich viele Jahre später auf die Suche nach den Wertungszetteln und bestätigte, dass die zweite Vergabe korrekt gewesen sei, Dänemark also rechtmäßig gewonnen habe. Mich überzeugt das ehrlich gesagt nicht; wie kamen die ursprünglichen Punkte zustande? Und was wäre gewesen, wenn sie akzeptiert geworden wären und sich womöglich später herausgestellt hätte, dass sie fehlerhaft waren? Und warum will das Wort „Nachbarschaftshilfe“ nicht aus meinem Kopf verschwinden?
Wie dem auch sei, Dänemark wird in den Listen als Sieger geführt, der Beitrag „Dansevise“ wurde von Grethe und Jørgen Ingmann interpretiert; ich zögere, die beiden als Duo zu bezeichnen, nur Grethe sang und wurde von ihrem Mann auf der Gitarre begleitet.
Auch das neue System brachte vier Lieder hervor, die keine Punkte bekamen, darunter die nordischen Länder Norwegen, Schweden und Finnland. Auffällig ist der große Unterschied zwischen Luxemburg auf Platz 8 (13 Punkte) und Deutschland auf Platz 9 (5 Punkte).
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Montag, 20. Juli 2020
1962
euroklaus, 08:59h
Luxemburg richtete den ESC am 18. März aus. Erstmals nahmen keine neuen Länder teil, sodass, wie im Vorjahr, 16 Beiträge teilnahmen.
Das deutsche Fernsehen war ratlos: Bislang waren die Beiträge, wie vorgegeben, „eingängig, aber anspruchsvoll und nicht kommerziell“ und wurden meist von etablierten Künstlern vorgetragen. Trotzdem blieben die Platzierungen hinter den Erwartungen zurück. So versuchte man ein neues Konzept: Nach dem Vorbild Italiens, wo seit jeher das Sanremo-Festival zur Ermittlung des ESC-Beitrags dient, wurden die Deutschen Schlagerfestspiele gleichzeitig zur Vorentscheidung. Unter den Teilnehmern waren zwei Interpreten, die bereits 1960 am Wettbewerb teilgenommen hatten, nämlich Wyn Hoop und Siw Malmkvist. Der Sieg ging aber an Cornelia „Conny“ Froboess, die trotz ihrer 20 Jahre bereits zu den erfahrenen Künstlern gehörte: Schon als Kind war sie mit „Pack die Badehose ein“ erfolgreich, als Teenager drehte sie, oft zusammen mit Peter Kraus, eine Reihe von Musikfilmen. Sie gewann die Schlagerfestspiele und damit auch das Ticket für den ESC. Ihr Lied „Zwei kleine Italiener“ war beim deutschen Publikum sehr beliebt und belegte mehrere Wochen lang Platz 1 der Verkaufslisten; Versionen in anderen Sprachen waren auch in anderen Ländern, speziell im Benelux, sehr erfolgreich; dennoch reichte es nur für Platz 6 beim ESC.
Zu den Teilnehmern gehörte auch Jean Philippe, der die Schweiz vertrat. Er hatte bereits 1959 für Frankreich gesungen und ist somit der erste, aber bei weitem nicht der letzte, der Interpreten, die für mehrere Länder (in verschiedenen Jahren) beim ESC antraten.
Belgien wurde zum vierten (und letzten) Mal von Fud Leclerc vertreten. Bis heute gibt es eine Reihe von Künstlern, die viermal beim ESC sangen – ein fünftes Mal gab es bislang noch nicht.
Überschattet wurde der Wettbewerb von einem Stromausfall, von dem insbesondere der französische Beitrag betroffen war und durch den der gesamte Saal kurze Zeit im Dunkeln lag. Geschadet hat das dem Lied nicht: Isabell Aubret gewann mit „Un premier amour“, es war bereits der dritte Sieg Frankreichs.
Das Wertungssystem wurde geändert: Weiter bestanden die Jurys aus 10 Personen, diese kumulierten aber ihre Stimmen und vergaben nur noch 3 Punkte an ihren Favoriten, 2 an den Zweitplatzierten und einen an den Drittplatzierten. Hierdurch sollte die von einigen Teilnehmern so empfundene Übermacht der französischsprachigen Lieder eingedämmt werden – das Gegenteil war der Fall: Die Plätze 1, 2 und 3 des Wettbewerbs wurden auf Französisch gesungen. Durch die geringere Anzahl von bewerteten Liedern endeten aber einige Beiträge, vier an der Zahl, mit 0 Punkten. Mir ist aufgefallen, dass alle Nullpunkter vor dem Stromausfall, die kompletten ersten fünf hingegen danach starteten, ich möchte das aber nicht bewerten.
Das deutsche Fernsehen war ratlos: Bislang waren die Beiträge, wie vorgegeben, „eingängig, aber anspruchsvoll und nicht kommerziell“ und wurden meist von etablierten Künstlern vorgetragen. Trotzdem blieben die Platzierungen hinter den Erwartungen zurück. So versuchte man ein neues Konzept: Nach dem Vorbild Italiens, wo seit jeher das Sanremo-Festival zur Ermittlung des ESC-Beitrags dient, wurden die Deutschen Schlagerfestspiele gleichzeitig zur Vorentscheidung. Unter den Teilnehmern waren zwei Interpreten, die bereits 1960 am Wettbewerb teilgenommen hatten, nämlich Wyn Hoop und Siw Malmkvist. Der Sieg ging aber an Cornelia „Conny“ Froboess, die trotz ihrer 20 Jahre bereits zu den erfahrenen Künstlern gehörte: Schon als Kind war sie mit „Pack die Badehose ein“ erfolgreich, als Teenager drehte sie, oft zusammen mit Peter Kraus, eine Reihe von Musikfilmen. Sie gewann die Schlagerfestspiele und damit auch das Ticket für den ESC. Ihr Lied „Zwei kleine Italiener“ war beim deutschen Publikum sehr beliebt und belegte mehrere Wochen lang Platz 1 der Verkaufslisten; Versionen in anderen Sprachen waren auch in anderen Ländern, speziell im Benelux, sehr erfolgreich; dennoch reichte es nur für Platz 6 beim ESC.
Zu den Teilnehmern gehörte auch Jean Philippe, der die Schweiz vertrat. Er hatte bereits 1959 für Frankreich gesungen und ist somit der erste, aber bei weitem nicht der letzte, der Interpreten, die für mehrere Länder (in verschiedenen Jahren) beim ESC antraten.
Belgien wurde zum vierten (und letzten) Mal von Fud Leclerc vertreten. Bis heute gibt es eine Reihe von Künstlern, die viermal beim ESC sangen – ein fünftes Mal gab es bislang noch nicht.
Überschattet wurde der Wettbewerb von einem Stromausfall, von dem insbesondere der französische Beitrag betroffen war und durch den der gesamte Saal kurze Zeit im Dunkeln lag. Geschadet hat das dem Lied nicht: Isabell Aubret gewann mit „Un premier amour“, es war bereits der dritte Sieg Frankreichs.
Das Wertungssystem wurde geändert: Weiter bestanden die Jurys aus 10 Personen, diese kumulierten aber ihre Stimmen und vergaben nur noch 3 Punkte an ihren Favoriten, 2 an den Zweitplatzierten und einen an den Drittplatzierten. Hierdurch sollte die von einigen Teilnehmern so empfundene Übermacht der französischsprachigen Lieder eingedämmt werden – das Gegenteil war der Fall: Die Plätze 1, 2 und 3 des Wettbewerbs wurden auf Französisch gesungen. Durch die geringere Anzahl von bewerteten Liedern endeten aber einige Beiträge, vier an der Zahl, mit 0 Punkten. Mir ist aufgefallen, dass alle Nullpunkter vor dem Stromausfall, die kompletten ersten fünf hingegen danach starteten, ich möchte das aber nicht bewerten.
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Sonntag, 19. Juli 2020
1961
euroklaus, 10:25h
1961, genauer gesagt am 18. März, fand der ESC zum zweiten Mal in Frankreich statt. Zum zweiten Mal war Cannes der Austragungsort, zum zweiten Mal wählte man den Palais des Festivals et des Congrès, und zum zweiten Mal war Jacqueline Joubert die Gastgeberin.
Erstmals allerdings nahmen gleich drei Länder am Wettbewerb teil, neben Finnland waren das Spanien, damals eine rechtsgerichtete Diktatur, und das sozialistisch regierte Jugoslawien. In diesem Jahr sollte es aber noch nicht zu politisch motivierten Zwischenfällen kommen.
In Deutschland wurde wieder eine Vorentscheidung veranstaltet; einer der Teilnehmer war Dieter Heckscher, der später als Dieter Thomas Heck Karriere machte. Der Sieg ging an das Lied „Einmal sehen wir uns wieder“, gesungen von Lale Andersen, die 1939 durch ihr „Lili Marleen“ weltbekannt wurde. 1960 hatte sie mit „Ein Schiff wird kommen“ erneut großen Erfolg, und, vermutlich, um dem Gastgeberland die Ehre zu erweisen, sie sang beim ESC einen Refrain auf Französisch, doch das alles half ihr nicht: Mit Rang 13 belegte Deutschland erstmals eine Platzierung außerhalb der ersten zehn.
Noch einen Platz darunter finden wir den schwedischen Beitrag „April, April“. Siw Malmkvist hatte damit die nationale Vorentscheidung gewonnen, musste aber, als das Lied am Ende wiederholte, so sehr lachen, dass sie es nicht fehlerfrei vortragen konnte. Das schwedische Fernsehen fand dies gar nicht lustig und entsandte stattdessen Lill-Babs zum ESC. Mit „Printemps, avril carillonne“ thematisierte übrigens auch Frankreich den April.
Zwei Jahre nach dem ersten weiblichen Duo traten erstmals zwei Herren gemeinsam an. The Allisons vertraten das Vereinigte Königreich; ihr Vorbild waren die Doobie Brothers, aber die Allisons waren nicht miteinander verwandt, und keiner von beiden hieß Allison. Ihr Lied „Are you sure“ wurde in mehreren Ländern ein Verkaufserfolg, und beim ESC gefiel es besonders den Juroren aus Luxemburg und der Schweiz: Aus diesen Ländern bekam es 8 bzw. 7 von jeweils 10 möglichen Stimmen. Am Ende belegte es Platz 2.
Luxemburg wurde bis 1960 immer von einheimischen Produktionen vertreten, meist mit wenig Erfolg. 1961 änderte man die Taktik und ließ auch Autoren und Interpreten aus anderen Ländern zu, man begann mit einem französischen Team. „Nous les amoureux“ wurde direkt, also ohne Vorentscheidung, nominiert; geschrieben wurde es von Jacques Datin und Maurice Viladin, der Sänger war Jean-Claude Pascal. Dieser war überwiegend als Schauspieler populär. Das neue Konzept funktionierte, und so gab es 1961 den ersten luxemburgischen Sieg.
Erstmals allerdings nahmen gleich drei Länder am Wettbewerb teil, neben Finnland waren das Spanien, damals eine rechtsgerichtete Diktatur, und das sozialistisch regierte Jugoslawien. In diesem Jahr sollte es aber noch nicht zu politisch motivierten Zwischenfällen kommen.
In Deutschland wurde wieder eine Vorentscheidung veranstaltet; einer der Teilnehmer war Dieter Heckscher, der später als Dieter Thomas Heck Karriere machte. Der Sieg ging an das Lied „Einmal sehen wir uns wieder“, gesungen von Lale Andersen, die 1939 durch ihr „Lili Marleen“ weltbekannt wurde. 1960 hatte sie mit „Ein Schiff wird kommen“ erneut großen Erfolg, und, vermutlich, um dem Gastgeberland die Ehre zu erweisen, sie sang beim ESC einen Refrain auf Französisch, doch das alles half ihr nicht: Mit Rang 13 belegte Deutschland erstmals eine Platzierung außerhalb der ersten zehn.
Noch einen Platz darunter finden wir den schwedischen Beitrag „April, April“. Siw Malmkvist hatte damit die nationale Vorentscheidung gewonnen, musste aber, als das Lied am Ende wiederholte, so sehr lachen, dass sie es nicht fehlerfrei vortragen konnte. Das schwedische Fernsehen fand dies gar nicht lustig und entsandte stattdessen Lill-Babs zum ESC. Mit „Printemps, avril carillonne“ thematisierte übrigens auch Frankreich den April.
Zwei Jahre nach dem ersten weiblichen Duo traten erstmals zwei Herren gemeinsam an. The Allisons vertraten das Vereinigte Königreich; ihr Vorbild waren die Doobie Brothers, aber die Allisons waren nicht miteinander verwandt, und keiner von beiden hieß Allison. Ihr Lied „Are you sure“ wurde in mehreren Ländern ein Verkaufserfolg, und beim ESC gefiel es besonders den Juroren aus Luxemburg und der Schweiz: Aus diesen Ländern bekam es 8 bzw. 7 von jeweils 10 möglichen Stimmen. Am Ende belegte es Platz 2.
Luxemburg wurde bis 1960 immer von einheimischen Produktionen vertreten, meist mit wenig Erfolg. 1961 änderte man die Taktik und ließ auch Autoren und Interpreten aus anderen Ländern zu, man begann mit einem französischen Team. „Nous les amoureux“ wurde direkt, also ohne Vorentscheidung, nominiert; geschrieben wurde es von Jacques Datin und Maurice Viladin, der Sänger war Jean-Claude Pascal. Dieser war überwiegend als Schauspieler populär. Das neue Konzept funktionierte, und so gab es 1961 den ersten luxemburgischen Sieg.
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Samstag, 18. Juli 2020
1960
euroklaus, 10:22h
Die Niederlande hatten den ESC erst zwei Jahre zuvor ausgerichtet und baten deshalb darum, dass ein anderes Land die Aufgabe übernimmt. Das Vereinigte Königreich half aus, so fand der Wettbewerb am 29. März in London statt.
In Deutschland wurde wieder eine Vorentscheidung abgehalten; an dieser nahmen auch junge, noch eher unbekannte Künstler teil. Einer von ihnen, Wyn Hoop, konnte den Wettbewerb gewinnen, mit „Bonne nuit, ma chérie“ trat er beim ESC an und belegte dort den vierten Platz, das beste deutsche Ergebnis der 1960er Jahre, was damals natürlich noch niemand wissen oder ahnen konnte.
Das Publikum hätte allerdings lieber „Wir wollen niemals auseinandergehn“, gesungen von Heidi Brühl, als Sieger gesehen und ignorierte Wyn Hoops Lied; in den Verkaufslisten kam er bis Platz 44, während Heidi Brühl dort wochenlang Platz 1 belegte.
Das damals bekannteste Gesicht des Wettbewerbs gehörte keinem Interpreten; Robert Stolz wurde auch der „Operettenkönig“ genannt, weil er zahlreiche erfolgreiche Werke wie „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ geschrieben hatte. Beim ESC wirkte er nicht nur als Komponist des österreichischen Beitrags „Du hast mir so fasziniert“ (gesungen von Harry Winter) mit, sondern trat auch selbst als Dirigent in Erscheinung, was auch deshalb bemerkenswert ist, weil er wenige Wochen nach dem ESC bereits seinen 80. Geburtstag feierte.
Drei der Sängerinnen und Sänger sollten in den Folgejahren noch große Erfolge im deutschsprachigen Raum haben: Für Schweden sang Siw Malmkvist, die im Vorjahr bereits die Vorentscheidung gewonnen hatte. Mit Liedern wie „Liebeskummer lohnt sich nicht“ wurde sie eine der erfolgreichsten Schlagersängerinnen der 1960er Jahre (und trat auch beim ESC später noch einmal in Erscheinung). Für die Niederlande trat Rudi Carrell an; bis zu seinem Tod 2006 spielte er im deutschen Fernsehen eine prägende Rolle, sowohl als Moderator („Am laufenden Band“) als auch als Sänger („Wann wird‘s mal wieder richtig Sommer“). Diese beiden Funktionen machten auch Camillo Felgen populär, der als Spielleiter („Spiel ohne Grenzen“) und Interpret von Liedern wie „Ich habe Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren“ in Erscheinung trat. Beim ESC vertrat er Luxemburg, und zwar in lëtzebuergescher Sprache, also nicht auf Französisch. Erfolgreich war keiner der drei, sie alle belegten beim ESC hintere Plätze.
Fud Leclerc vertrat nach 1956 und 1958 zum dritten Mal Belgien; das allein war nicht sonderlich außergewöhnlich, auch die beiden ersten Siegerinnen Lys Assia und Corry Brokken traten bei drei ESCs an, beide sogar direkt hintereinander. Fud Leclerc nahm daneben aber auch noch an der Schweizer Vorentscheidung teil, die er allerdings nicht gewinnen konnte. Diese Koinzidenz hatte damals keine Folgen, ich weiß auch nicht, ob die einzelnen Länder oder die EBU über die nationalen Ergebnisse informiert waren. Die Frage, ob ein Künstler für zwei Ländern singen darf, wurde aus gegebenen Anlässen erst 2003 geklärt – mehr dazu also (viel) später.
Übrigens war 1960 das erste Jahr, in dem den Juroren die Beiträge schon im Vorfeld zur Verfügung standen, sie hörten sie also beim Wettbewerb nicht zum allerersten Mal.
Zwei der Interpreten hatten verwandtschaftliche Beziehungen zu ihren Kollegen vom Vorjahr: Der britische Vertreter Bryan Johnson war der Bruder von Teddy Johnson, der das Land 1959 (im Duett mit Pearl Carr) vertreten hatte, und die Französin Jacqueline Boyer versuchte, die Familienehre wieder herzustellen, nachdem ihr Vater Jacques Pills für Monaco den letzten Platz belegt hatte.
Norwegen war erstmals beim ESC dabei, damit stieg die Anzahl der Teilnehmer auf 13. Dass dies keine Unglückszahl ist, erfuhr Jacqueline Boyer: Sie sang als Letzte, also mit eben dieser Startnummer, und belegte den ersten Platz; es war der zweite Sieg für Frankreich und das erste Mal, dass ein Siegertitel auch außerhalb des eigenen Landes kommerziell erfolgreich war. „Tom Pillibi“ handelt von einem erdachten Märchenprinzen, der vorgibt, zwei Schlösser zu besitzen – eines in Schottland, eines in Montenegro. Auch Jacqueline Boyer wurde in den 1960ern zu einer erfolgreichen deutschen Schlagersängerin („Mitsou, Mitsou“).
In Deutschland wurde wieder eine Vorentscheidung abgehalten; an dieser nahmen auch junge, noch eher unbekannte Künstler teil. Einer von ihnen, Wyn Hoop, konnte den Wettbewerb gewinnen, mit „Bonne nuit, ma chérie“ trat er beim ESC an und belegte dort den vierten Platz, das beste deutsche Ergebnis der 1960er Jahre, was damals natürlich noch niemand wissen oder ahnen konnte.
Das Publikum hätte allerdings lieber „Wir wollen niemals auseinandergehn“, gesungen von Heidi Brühl, als Sieger gesehen und ignorierte Wyn Hoops Lied; in den Verkaufslisten kam er bis Platz 44, während Heidi Brühl dort wochenlang Platz 1 belegte.
Das damals bekannteste Gesicht des Wettbewerbs gehörte keinem Interpreten; Robert Stolz wurde auch der „Operettenkönig“ genannt, weil er zahlreiche erfolgreiche Werke wie „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ geschrieben hatte. Beim ESC wirkte er nicht nur als Komponist des österreichischen Beitrags „Du hast mir so fasziniert“ (gesungen von Harry Winter) mit, sondern trat auch selbst als Dirigent in Erscheinung, was auch deshalb bemerkenswert ist, weil er wenige Wochen nach dem ESC bereits seinen 80. Geburtstag feierte.
Drei der Sängerinnen und Sänger sollten in den Folgejahren noch große Erfolge im deutschsprachigen Raum haben: Für Schweden sang Siw Malmkvist, die im Vorjahr bereits die Vorentscheidung gewonnen hatte. Mit Liedern wie „Liebeskummer lohnt sich nicht“ wurde sie eine der erfolgreichsten Schlagersängerinnen der 1960er Jahre (und trat auch beim ESC später noch einmal in Erscheinung). Für die Niederlande trat Rudi Carrell an; bis zu seinem Tod 2006 spielte er im deutschen Fernsehen eine prägende Rolle, sowohl als Moderator („Am laufenden Band“) als auch als Sänger („Wann wird‘s mal wieder richtig Sommer“). Diese beiden Funktionen machten auch Camillo Felgen populär, der als Spielleiter („Spiel ohne Grenzen“) und Interpret von Liedern wie „Ich habe Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren“ in Erscheinung trat. Beim ESC vertrat er Luxemburg, und zwar in lëtzebuergescher Sprache, also nicht auf Französisch. Erfolgreich war keiner der drei, sie alle belegten beim ESC hintere Plätze.
Fud Leclerc vertrat nach 1956 und 1958 zum dritten Mal Belgien; das allein war nicht sonderlich außergewöhnlich, auch die beiden ersten Siegerinnen Lys Assia und Corry Brokken traten bei drei ESCs an, beide sogar direkt hintereinander. Fud Leclerc nahm daneben aber auch noch an der Schweizer Vorentscheidung teil, die er allerdings nicht gewinnen konnte. Diese Koinzidenz hatte damals keine Folgen, ich weiß auch nicht, ob die einzelnen Länder oder die EBU über die nationalen Ergebnisse informiert waren. Die Frage, ob ein Künstler für zwei Ländern singen darf, wurde aus gegebenen Anlässen erst 2003 geklärt – mehr dazu also (viel) später.
Übrigens war 1960 das erste Jahr, in dem den Juroren die Beiträge schon im Vorfeld zur Verfügung standen, sie hörten sie also beim Wettbewerb nicht zum allerersten Mal.
Zwei der Interpreten hatten verwandtschaftliche Beziehungen zu ihren Kollegen vom Vorjahr: Der britische Vertreter Bryan Johnson war der Bruder von Teddy Johnson, der das Land 1959 (im Duett mit Pearl Carr) vertreten hatte, und die Französin Jacqueline Boyer versuchte, die Familienehre wieder herzustellen, nachdem ihr Vater Jacques Pills für Monaco den letzten Platz belegt hatte.
Norwegen war erstmals beim ESC dabei, damit stieg die Anzahl der Teilnehmer auf 13. Dass dies keine Unglückszahl ist, erfuhr Jacqueline Boyer: Sie sang als Letzte, also mit eben dieser Startnummer, und belegte den ersten Platz; es war der zweite Sieg für Frankreich und das erste Mal, dass ein Siegertitel auch außerhalb des eigenen Landes kommerziell erfolgreich war. „Tom Pillibi“ handelt von einem erdachten Märchenprinzen, der vorgibt, zwei Schlösser zu besitzen – eines in Schottland, eines in Montenegro. Auch Jacqueline Boyer wurde in den 1960ern zu einer erfolgreichen deutschen Schlagersängerin („Mitsou, Mitsou“).
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