Mittwoch, 22. Juli 2020
1964
Vorjahressieger Dänemark richtete den ESC 1964 aus; er fand am 21. März in Kopenhagen statt. Wie in den letzten drei Jahren nahmen 16 Länder teil, aber ihre Zusammensetzung war diesmal anders: Schweden pausierte wegen eines Künstlerstreiks, dafür war Portugal erstmals am Start. Das Land war damals, genau wie sein Nachbar Spanien, eine rechtsgerichtete Diktatur, was einen Demonstranten dazu veranlasste, die Bühne zu stürmen und gegen die Machthaber Salazar und Franco zu protestieren. Er wurde schnell von Sicherheitskräften überwältigt; leider existieren keine Filmaufnahmen mehr von diesem Wettbewerb, da sie bei einem Feuer den Flammen zum Opfer fielen.

Das wieder nicht zufriedenstellende Ergebnis im Vorjahr bewirkte wieder, dass die deutschen Plattenfirmen weiterhin ihre erfolgreichen Künstler nicht für den ESC zur Verfügung stellten. So fand eine Vorentscheidung mit nur sechs Teilnehmern statt, deren Interpreten entweder eher unbekannt waren oder den Zenit ihrer Karriere bereits überschritten hatten. Zu ihnen gehörte Rene Kollo, der später als klassischer Tenor bekannt wurde, als Schlagersänger aber weniger erfolgreich war. Der Sieg ging an das Lied „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne“, gesungen von der bulgarischstämmigen Nora Nova, die im Vorjahr mit „Männer gibt‘s wie Sand am Meer“ einen Achtungserfolg hatte; beim ESC wurde sie punktgleich Letzte mit 0 Punkten und beendete bald darauf ihre Gesangskarriere. Erst mehr als 40 Jahre später wurde sie als Gast bei einer bulgarischen Vorentscheidung wieder in der Öffentlichkeit gesehen.



Für Spanien sang das Trio „Los TNT“ , das aus den uruguayischen Geschwistern Nelly, Tim und Tony bestand. Da das Regelwerk aber nur Solisten oder Duos erlaubte, wurde Nelly offiziell zur Hauptsängerin und ihre Brüder zum begleitenden Chor erklärt.

Österreich wurde erstmals von Udo Jürgens vertreten. Sein Lied „Warum nur, warum“ belegte Platz 6 und gefiel dem britischen Vertreter Matt Monro so gut, dass er eine englische Version namens „Walk away“ aufnahm und als Single veröffentlichte. Sein eigener, besser platzierter, Beitrag „I love the little things“, diente hierbei nur als B-Seite.

An der norwegischen Vorentscheidung nahm Wenche (Schreibweise in Deutschland: Wencke) Myhre teil. Ihr Lied „La meg være ung“ belegte dort zwar nur Platz 3, wurde aber national ein großer Erfolg.

Das Wertungssystem wurde wieder geändert: Nunmehr vergaben die Jurys an ihre drei Favoriten 5, 3 und 1 Punkte. Acht von ihnen gaben dem italienischen Beitrag „Non ho l‘età (per amarti)“ die Höchstzahl von 5 Punkten, drei weitere 3, wodurch das Lied haushoch mit 49 Punkten gewann; der zweitplatzierte Brite folgte mit großem Abstand und 17 Punkten. Interpretin des Siegertitels war die damals erst 16jährige Gigliola Cinquetti, die seinerzeit „das Wasser-und-Seife-Mädchen“ genannt wurde, weil sie ungeschminkt auftrat. Nur von diesem Auftritt existieren noch ein paar bewegte Bilder:



„Non ho l‘età“, das auch schon das Sanremo-Festival gewonnen hatte, wurde ein internationaler Erfolg.

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