Freitag, 17. Juli 2020
1959
Frankreich wählte das Seebad Cannes als Austragungsort für den ESC, und das nur gut 50 km entfernte Fürstentum Monaco nahm erstmals teil. Er fand am 11. März statt.

Österreich präsentierte einen skurrilen Beitrag: Schon der Titel „Der k. und k. Calypso aus Wien“ lässt erahnen, dass das Lied karibische und alpine Elemente enthält, zudem wurden auch noch Polka-Klänge eingemischt – den Juroren gefiel das von Ferry Graf gesungene Lied nicht, es belegte punktgleich den vorletzten Platz.



Mit dem Lied „Augustin“ hatte Siw Malmkvist die schwedische Vorentscheidung gewonnen; beim Contest wurde das Lied, wie bereits vorher vereinbart, allerdings von Brita Borg gesungen. Siw Malmkvist kam später noch mehrmals zu ESC-Auftritten.

Die Bühne in Cannes bestand aus drei kleinen Drehbühnen, was einen schnellen Wechsel der Hintergrundbilder ermöglichte. Allerdings boten sie eher wenig Platz, was insbesondere die deutschen Vertreter Alice und Ellen Kessler merkten. Sie wurden intern ausgewählt und waren als singendes und tanzendes Zwillingspaar schon über die deutschen Landesgrenzen hinaus bekannt. Beim ESC waren sie nicht nur das erste weibliche Duo, sondern auch die Ersten, die – eben soweit es die räumlichen Gegebenheiten zuließen – eine Art Choreographie in ihren Auftritt einbauten. Auch hier sieht man, wie prüde die 1950er waren: Zwei Frauen, die die Initiative ergriffen und ihren Partner zum Tanz aufforderten, noch dazu mir einem forschen „Hallo Boy“, das ging einigen Kritikern zu weit.



Wie sich die Bilder gleichen: Für Italien sang, wie im Vorjahr, Domenico Modugno, wieder wurde sein Lied ein internationaler Hit, wieder wurde hierbei die Titelzeile geändert – aus „Piove“ wurde „Ciao ciao bambina“, und wieder war das Lied weit entfernt von einem Sieg, diesmal reichte es nur für Platz 6, und wieder sang Dalida eine der bekanntesten Coverversionen.



Zum zweiten Mal konnten die Niederlande den ESC gewinnen, der Siegertitel „Een beetje“ wurde von Teddy Scholten gesungen. Ein Mensch namens Teddy landete auch auf Platz 2, allerdings handelte es sich beim britischen Vertreter Teddy Johnson um einen Mann.



Nach Verkündigung des Ergebnisses wurde übrigens nicht nur der Siegertitel, sondern auch die beiden Nächstplatzierten noch einmal aufgeführt - vielleicht, weil Platz 3 von Gastgeber Frankreich belegt wurde.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 16. Juli 2020
1958
1958 wurde der Brauch eingeführt, dass der Vorjahressieger, in diesem Jahr also die Niederlande, den nächsten Wettbewerb ausrichtet; er fand am 12. März in Hilversum statt. Erstmals nahm ein Lied aus Schweden teil, und beide Interpretinnen der bisherigen Siegertitel waren wieder am Start. Corry Brokken belegte vor heimischem Publikum allerdings nur einen punktgleichen letzten Rang, während die Schweizerin Lys Assia ihren Erfolg fast wiederholen konnte; sie erreichte mit „Giorgio“ den zweiten Platz. Geschlagen wurde sie nur von einem Wiegenlied im Walzertakt namens „Dors mon amour“, das für Frankreich von André Claveau gesungen wurde.



In Deutschland fand, wie im Vorjahr, eine Vorentscheidung statt, allerdings in größerem Rahmen: statt 4 waren 12 Lieder am Start. Margot Hielscher konnte wieder gewinnen, zu ihren Konkurrenten gehörten Evelyn Künneke, Fred Bertelmann, Lale Andersen, Vico Torriani und Georg Thomalla – man kann sehen, dass ein eher älteres und konservatives Publikum angesprochen wurde. Einer der Interpreten bei der niederländischen Vorentscheidung war übrigens Bruce Low. Margot Hielscher besang in „Für zwei Groschen Musik“ die Vorzüge von Musikboxen, die seinerzeit in vielen Kneipen und Gaststätten vorhanden waren und mit derer Hilfe man gegen einen kleinen Betrag seine Lieblingsmusik wählen konnte – ein Lied kostete 20 Pfennig, also zwei Groschen. Margot Hielscher untermalte ihren Vortrag, indem sie mit Schallplatten hantierte, zudem wies eine Schärpe sie als „Miss Jukebox“ aus; passend dazu trug sie eine Krone.



Ihre Idee, Requisiten zu verwenden, machte Schule: zum dänischen Beitrag „Jeg rev et blad ud af min dagbog“ schrieb die Interpretin Raquel Rastenni ein paar Zeilen in ihr besungenes Tagebuch, um dann die Seite herauszureißen.

In Erinnerung bleibt allerdings ein anderes Lied. Für Italien sang Domenico Modugno „Nel blu dipinto di blu“, und zwar gleich zweimal: Ursprünglich hatte er die Startnummer 1; als bekannt wurde, dass sein Beitrag nicht in allen Teilnehmerländer empfangen worden war, wiederholte er ihn am Ende noch einmal. Das Lied hatte bereits das Sanremo-Festival gewonnen und war daher in einigen Ländern bereits populär. Auch in die USA war es vorgedrungen, und Dean Martin hatte mit der englischen Version großen Erfolg. Nach dem ersten Wort im Refrain wurde diese Version „Volare“ genannt, und zahlreiche andere Interpreten, z.B. Dalida und Peter Alexander, nahmen weitere Coverversionen auf. Zudem wurde das Lied in viele Sprachen übersetzt. „Volare“ wurde eines der erfolgreichsten Lieder, die je am ESC teilgenommen haben; im Wettbewerb erreichte es den dritten Platz.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 15. Juli 2020
1957
Der ESC 1957 fand am 3. März in Frankfurt am Main statt; der Austragungsort wurde von der veranstaltenden EBU festgelegt, das Vorjahresergebnis (das ja auch weitgehend unbekannt ist) spielte hierbei keine Rolle. Erstmals nahmen Lieder aus dem Vereinigten Königreich, Dänemark und Österreich teil.

Zahlreiche Spielregeln wurden geändert; so durfte jedes Land nur noch einen Beitrag einreichen. Neben Solisten durften auch Duos antreten; von dieser Regelung machte der Neuling Dänemark Gebrauch.

Zudem war es den einzelnen Teilnehmern überlassen, wie sie ihre Beiträge ermitteln; seitdem wurden unzählige Methoden ausprobiert. In Belgien beispielsweise stellte ein Sänger drei verschiedene Lieder zur Auswahl. In den frühen Jahren des Wettbewerbs wurden in einigen Ländern die Titel von zwei Interpreten, oft mit unterschiedlichem Arrangement, präsentiert; auch waren die Interpreten des Siegertitels der Vorentscheidung nicht notwendigerweise die, die auch beim internationalen Wettbewerb antraten. Für die Dauer der Lieder gab es noch keine strengen Regeln, sondern die eher vage Richtlinie, dass diese dreieinhalb Minuten nicht übersteigen sollte. Der italienische Beitrag war allerdings mehr als fünf Minuten lang, der britische nicht einmal zwei.

Der Italiener Nunzio Gallo ließ sich bei seinem Lied „Corde della mia chitarra“ - „Saiten meiner Gitarre“ - passenderweise von einem Gitarristen begleiten, dessen Soli die ungewöhnliche Länge erklären. Auch die Niederlande setzten einen Instrumentalisten auf der Bühne ein: Beim Chanson „Net als toen“ trat mit der Sängerin Corry Brokken auch ein Violinist auf. Auch dies führte durch eine Soloeinlage zu einer ungewöhnlichen Länge des Liedes, das auch der Siegertitel des Abends war.



Der deutsche Beitrag „Telefon, Telefon“ wurde von Margot Hielscher gesungen, die überwiegend als Schauspielerin tätig war und so keine Mühe hatte, ein Requisit – natürlich ein Telefon – in ihren Vortrag zu integrieren. Texter des Liedes war übrigens Ralph Maria Siegel; sein Sohn Ralph Siegel wurde einige Jahre später zu einer der prägnanten Personen des Wettbewerbs. In dem Lied kamen einzelne Wörter und Satzteile in mehreren Sprachen vor, was wohl die Internationalität des Mediums, das damals genau wie der Fernseher längst noch nicht zum Standard gehörte, unterstreichen sollte.



Einen anderen Weg ging das dänische Duo Birthe Wilke & Gustav Winckler: Üblicherweise wurden in den frühen Jahren des Wettbewerbs die Lieder in festlicher Garderobe vorgetragen. Das Lied „Skibet skal sejle i nat“ handelte aber davon, dass sich ein Seemann von seiner Partnerin verabschiedet, weil er am Abend wieder abreisen muss. Passend dazu trug er eine Marineuniform, während sie mit einem Trenchcoat bekleidet war. Dass der Vortrag mit einem langen, innigen Abschiedskuss endete, war in den prüden 1950ern ein kleiner Skandal – er schadete den Dänen nicht, sie belegten am Ende Platz 3.



Was den Stil der Lieder angeht, gab es keine wirklichen Richtlinien; allerdings sollte der ESC von Anfang an eine Art Gegenstück zur damals populären Musik, die überwiegend aus Nordamerika und den britischen Inseln kam, sein. So wurde das französische Chanson eine Art Maß der Dinge; Lieder, die „zu amerikanisch“ oder auch „zu kommerziell“ waren oder klangen, waren nicht gern gesehen. So landete der österreichische Beitrag, der an ein Cowboylied erinnerte, auf dem letzten Platz.



Die Wertung verlief ganz anders als im Vorjahr: Jedes Land stellte zehn Juroren, die sich in der jeweiligen Sendeanstalt befanden, also nicht mehr vor Ort waren. Jeder vergab eine Stimme an seinen Favoriten, wobei der Beitrag des eigenen Senders nicht bewertet werden durfte. Die Stimmen wurden dann telefonisch nach Frankfurt übermittelt und auf eine Anzeigetafel übertragen, sodass die Zuschauer jederzeit verfolgen konnten, wer gerade in Führung lag. Bei diesem Wertungssystem konnten sich einzelne Lieder schnell nach vorn arbeiten, wenn sie aus einzelnen Ländern relativ viele Punkte bekamen; so bekam Deutschland sechs seiner insgesamt acht Stimmen aus Frankreich, wodurch es Platz 4 erreichen konnte.




Wie man sieht, gab es kleinere technische Probleme, die aber recht gut gemeistert wurden; interessant finde ich, dass die Moderatorin Anaid Iplicjian zwar durchaus Fremdsprachenkenntnisse bewies, aber den Abend doch komplett auf Deutsch leitete. Zudem wirkte es meiner Meinung nach unhöflich, dass die Siegerplakette am Ende zuerst der Interpretin überreicht wurde, diese sie aber sofort wieder abgeben musste, als sich herausstellte, dass auch der Autor des Liedes anwesend war.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 14. Juli 2020
1956
Die Europäische Rundfunkunion (EBU) wurde Anfang der 1950er Jahre gegründet und hatte insbesondere die Aufgabe, Ereignisse von internationaler Bedeutung gemeinsam zu produzieren und auszustrahlen; die erste Live-Übertragung war die Krönung der englischen Königin Elizabeth II. Angeschlossen waren öffentlich-rechtliche Sender in Westeuropa; im Lauf der Zeit dehnte sich dieser Bereich, auch im Rahmen der technischen Möglichkeiten, immer mehr aus, zunächst um die Mittelmeeranrainer, seit 1993 nach dem Zusammenbruch des Ostblocks auch um die Mitglieder der ehemaligen OIRT.

Schon bald entstand die Idee einer gemeinsamen wiederkehrenden Veranstaltung, um das Medium Fernsehen populärer zu machen und um den internationalen Charakter zu unterstreichen. Man entschied sich für einen Liederwettbewerb nach Vorbild des italienischen Sanremo-Festivals, das schon damals über die Landesgrenzen hinaus beliebt war.

Die Pläne wurden konkret; teilnahmeberechtigt waren alle der EBU angeschlossenen Fernsehanstalten, allerdings nur eine pro Land; aus diesem Grund werden in der Folge immer die Länder und nicht die Sender als Teilnehmer bezeichnet. Zehn Länder zeigten sich interessiert, drei von ihnen verpassten aber die Anmeldefrist, sodass der erste Eurovision Song Contest (ESC) sieben Teilnehmer hatte: die Niederlande, die Schweiz, Belgien, (die Bundesrepublik) Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Italien. Austragungsort war Lugano in der Schweiz, die Veranstaltung fand am 26. Mai 1956 statt. Vermutlich wegen der eher geringen Anzahl waren alle Länder berechtigt, zwei Beiträge zu entsenden. Diese mussten neue Produktionen sein, durften also vorher noch nicht veröffentlicht werden, und wurden von Solisten live vorgetragen. Die Begleitung erfolgte durch ein Orchester, es war den Delegationen freigestellt, ob sie einen eigenen Dirigenten mitbrachten oder auf den des Gastgebers zurückgriffen. Nach Bedarf konnten auch einige Chorsänger eingesetzt wurden.

Die Teilnehmer waren angehalten, zur Ermittlung ihrer Beiträge eine nationale Vorentscheidung abzuhalten, in Italien diente hierfür das bereits erwähnte Sanremo-Festival. Auch das deutsche Fernsehen setzte eine solche Veranstaltung an, in den Programmzeitschriften ist sie auch ausgewiesen; ob sie aber tatsächlich stattfand, ist fraglich, es existieren keine Ergebnislisten oder Berichte, und eine der angegebenen Teilnehmerinnen konnte nachweisen, dass sie am besagten Abend ein Konzert in einer anderen Stadt gab. So ist also nicht genau bekannt, wie die beiden deutschen Beiträge - „Im Wartesaal zum großen Glück“, gesungen von Walter Andreas Schwarz, und „So geht das jede Nacht“, gesungen von Freddy Quinn, ermittelt wurden.

Zu jeder Delegation gehörten auch zwei Wertungsrichter, die vor Ort anwesend waren und sich nach dem Vortrag aller Lieder zurückzogen, um hinter verschlossenen Türen das Ergebnis zu ermitteln. Die entsprechenden Listen wurden unmittelbar danach vernichtet, nur der Siegertitel wurde bekannt gegeben, die weiteren Platzierungen und die genaue Art der Abstimmung und Ermittlung der Ergebnisse sind nicht bekannt; es heißt, Luxemburg habe auf eigene Juroren verzichtet und die Schweizer Kollegen gebeten, ihre Aufgabe zu übernehmen, außerdem konnten auch die Beiträge des eigenen Landes bewertet werden.

Leider existieren keine bewegten Bilder der gesamten Veranstaltung mehr, sondern nur eine Audio-Aufzeichnung. Lediglich die Wiederholung des Siegertitels am Ende des Abends blieb (gekürzt) erhalten; das Lied „Refrain“, gesungen von Lys Assia, vertrat die Schweiz.

... link (0 Kommentare)   ... comment