Mittwoch, 5. August 2020
1978
euroklaus, 03:46h
Am 22. April 1978 wurde der ESC in Paris ausgetragen. Erstmals wurde er von zwei Personen moderiert, Léon Zitrone war hierbei der erste männliche Gastgeber seit 1956.
In Deutschland gab der Hessische Rundfunk die Verantwortung an den Südwestfunk ab, und dieser entwarf ein neues System zur Ermittlung des Beitrags: Zuerst wurden 15 Lieder im Radio vorgestellt und sowohl von den Hörern als auch von einer Jury bewertet. Die Bestplatzierten sollten dann in einer Fernsehsendung erneut gegeneinander antreten, wo dann wiederum das Publikum und die Jury den Beitrag ermitteln sollten. Die Jury befand allerdings alle eingereichten Lieder als ungeeignet und empfahl, dass Deutschland dem Wettbewerb ganz fernbleiben sollte. Der Südwestfunk teilte diese Ansicht nicht, sagte aber die Fernsehsendung ab und wählte die Abstimmung der Radiohörer als einziges Kriterium. Das Siegerlied „Feuer“ wurde von Ireen Sheer gesungen, die bereits 1974 für Luxemburg angetreten war. Auch ihre damaligen deutschen Mitbewerber Cindy & Bert standen zur Auswahl (sogar mit zwei Liedern), genau wie Peter. Sue & Marc, die 1971 und 1976 für die Schweiz gesungen hatten. Zu den weiteren Kandidaten gehörte Marianne Rosenberg. „Feuer“ belegte beim ESC Platz 6, das beste deutsche Ergebnis seit 1972, was die Einschätzung der Jury relativiert.
Als großer Favorit des Abends galt Luxemburg. Das Duo Baccara hatte im Vorjahr mit „Yes Sir, I can boogie“ und „Sorry, I‘m a lady“ großen Erfolg, wegen der Spielregeln mussten sie ihren Beitrag „Parlez-vous français“ allerdings auf Französisch singen, was den beiden Spanierinnen hörbar schwer fiel; vermutlich hätten sie ihre eigene Frage mit „Non“ beantworten müssen. Mit Platz 8 blieb das Lied deutlich hinter den Erwartungen und Hoffnungen zurück.
Die Türkei kehrte nach zweijähriger Abwesenheit zum ESC zurück und nahm erstmals am selben Wettbewerb wie Griechenland teil; sie wurde durch die Gruppe Nazar vertreten, zu der auch die in ihrer Heimat sehr beliebte Sängerin Nilüfer gehörte. Und auch Dänemark, das zuletzt 1966 teilgenommen hatte, war wieder dabei, sodass mit 20 Teilnehmern ein neuer Rekord aufgestellt wurde. An der dänischen Vorentscheidung nahmen die Sieger von 1963 und 2000, Grethe Ingmann und die Olsen-Brüder, teil, das Land wurde allerdings von der Gruppe Mabel vertreten, die insbesondere bei Teenagern sehr beliebt war, weshalb auch die Zeitschrift Bravo ausführlich berichtete. Vielleicht waren die Juroren beim ESC nicht ihre Zielgruppe, „Boom Boom“ belegte nur Platz 16.
1978 zeigte sich, dass sich die aktuell populäre Musik und der ESC auseinander entwickelten, was durchaus im Interesse der Verantwortlichen war; die Landessprachen klangen für weite Teile des Publikums weniger eingängig, und die immer mehr mit synthetischen Instrumenten erzeugten Begleitungen ließen sich mit einem Orchester oft nicht adäquat reproduzieren. Auch im Vereinigten Königreich verlor man das Interesse: Keine bekannten Künstler hatten sich zur Vorentscheidung angemeldet, und beim ESC belegte „Bad old days“, gesungen von CoCo, Platz 11, das bis dahin schlechteste Ergebnis des Landes. Für Italien traten Ricchi e Poveri an, damals noch mit zwei Sängerinnen; sie waren insbesondere in den 1980ern mit Liedern wie „Mamma Maria“ sehr erfolgreich.
Das seit 1975 verwendete Punktesystem sollte u.a. durch die relativ hohe Anzahl an bewerteten Liedern möglichst vermeiden, dass ein Lied völlig leer ausging. 1978 war aber genau das der Fall: „Mil etter mil“, für Norwegen gesungen von Jahn Teigen, beendete den Abend mit 0 Punkten. Das Lied wurde in seiner Heimat trotzdem ein großer Erfolg, und der Sänger trat, teilweise gemeinsam mit seiner Ehefrau Anita Skorgan, die Norwegen im Vorjahr vertreten hatte, noch mehrfach beim ESC an.
Die Wertungen verliefen in diesem Jahr reibungslos und endeten mit einer Überraschung, denn der Sieger kam aus Israel. Dies hatte zur Folge, dass sich das jordanische Fernsehen, das die Sendung ebenfalls übertrug, während der Punktvergabe ausblendete und seinen Zuschauern verkündete, dass Belgien (das mit Platz 2 sein bis dahin bestes Ergebnis erzielte) gewonnen habe. Im Zeitalter vor dem Internet dauerte es vermutlich einige Jahre, bis sie die Wahrheit erfuhren; den Siegertitel „A Ba Ni Bi“ sangen Izhar Cohen und die Gruppe Alpha Beta. Der Titel wird in einer Kindersprache gesungen, bei der jede Silbe beginnend mit dem Konsonanten B wiederholt wird; A Ba Ni Bi bedeutet also „Ani“, und das heißt nichts anderes als „Ich“. Das Gewinnerlied wurde erstmals seit vielen Jahren kein großer kommerzieller Erfolg; zum einen war die Plattenfirma vom Sieg offenbar selbst überrascht, sodass die Schallplatte erst einige Wochen später erschien (und dann auch nur in einer englischen Version; das hebräische Original ist außerhalb Israels erst mit Einführung der CDs herausgekommen), zum anderen, weil es von einigen Rundfunkredakteuren boykottiert wurde; vielleicht hätten sie lieber Baccara als Sieger präsentiert. Dirigentin war, wie schon 1973, Nurit Hirsh, die wieder auch Komponistin war. Es war das einzige Mal, dass das Orchester bei einem Siegertitel von einer Frau geleitet wurde.
In Deutschland gab der Hessische Rundfunk die Verantwortung an den Südwestfunk ab, und dieser entwarf ein neues System zur Ermittlung des Beitrags: Zuerst wurden 15 Lieder im Radio vorgestellt und sowohl von den Hörern als auch von einer Jury bewertet. Die Bestplatzierten sollten dann in einer Fernsehsendung erneut gegeneinander antreten, wo dann wiederum das Publikum und die Jury den Beitrag ermitteln sollten. Die Jury befand allerdings alle eingereichten Lieder als ungeeignet und empfahl, dass Deutschland dem Wettbewerb ganz fernbleiben sollte. Der Südwestfunk teilte diese Ansicht nicht, sagte aber die Fernsehsendung ab und wählte die Abstimmung der Radiohörer als einziges Kriterium. Das Siegerlied „Feuer“ wurde von Ireen Sheer gesungen, die bereits 1974 für Luxemburg angetreten war. Auch ihre damaligen deutschen Mitbewerber Cindy & Bert standen zur Auswahl (sogar mit zwei Liedern), genau wie Peter. Sue & Marc, die 1971 und 1976 für die Schweiz gesungen hatten. Zu den weiteren Kandidaten gehörte Marianne Rosenberg. „Feuer“ belegte beim ESC Platz 6, das beste deutsche Ergebnis seit 1972, was die Einschätzung der Jury relativiert.
Als großer Favorit des Abends galt Luxemburg. Das Duo Baccara hatte im Vorjahr mit „Yes Sir, I can boogie“ und „Sorry, I‘m a lady“ großen Erfolg, wegen der Spielregeln mussten sie ihren Beitrag „Parlez-vous français“ allerdings auf Französisch singen, was den beiden Spanierinnen hörbar schwer fiel; vermutlich hätten sie ihre eigene Frage mit „Non“ beantworten müssen. Mit Platz 8 blieb das Lied deutlich hinter den Erwartungen und Hoffnungen zurück.
Die Türkei kehrte nach zweijähriger Abwesenheit zum ESC zurück und nahm erstmals am selben Wettbewerb wie Griechenland teil; sie wurde durch die Gruppe Nazar vertreten, zu der auch die in ihrer Heimat sehr beliebte Sängerin Nilüfer gehörte. Und auch Dänemark, das zuletzt 1966 teilgenommen hatte, war wieder dabei, sodass mit 20 Teilnehmern ein neuer Rekord aufgestellt wurde. An der dänischen Vorentscheidung nahmen die Sieger von 1963 und 2000, Grethe Ingmann und die Olsen-Brüder, teil, das Land wurde allerdings von der Gruppe Mabel vertreten, die insbesondere bei Teenagern sehr beliebt war, weshalb auch die Zeitschrift Bravo ausführlich berichtete. Vielleicht waren die Juroren beim ESC nicht ihre Zielgruppe, „Boom Boom“ belegte nur Platz 16.
1978 zeigte sich, dass sich die aktuell populäre Musik und der ESC auseinander entwickelten, was durchaus im Interesse der Verantwortlichen war; die Landessprachen klangen für weite Teile des Publikums weniger eingängig, und die immer mehr mit synthetischen Instrumenten erzeugten Begleitungen ließen sich mit einem Orchester oft nicht adäquat reproduzieren. Auch im Vereinigten Königreich verlor man das Interesse: Keine bekannten Künstler hatten sich zur Vorentscheidung angemeldet, und beim ESC belegte „Bad old days“, gesungen von CoCo, Platz 11, das bis dahin schlechteste Ergebnis des Landes. Für Italien traten Ricchi e Poveri an, damals noch mit zwei Sängerinnen; sie waren insbesondere in den 1980ern mit Liedern wie „Mamma Maria“ sehr erfolgreich.
Das seit 1975 verwendete Punktesystem sollte u.a. durch die relativ hohe Anzahl an bewerteten Liedern möglichst vermeiden, dass ein Lied völlig leer ausging. 1978 war aber genau das der Fall: „Mil etter mil“, für Norwegen gesungen von Jahn Teigen, beendete den Abend mit 0 Punkten. Das Lied wurde in seiner Heimat trotzdem ein großer Erfolg, und der Sänger trat, teilweise gemeinsam mit seiner Ehefrau Anita Skorgan, die Norwegen im Vorjahr vertreten hatte, noch mehrfach beim ESC an.
Die Wertungen verliefen in diesem Jahr reibungslos und endeten mit einer Überraschung, denn der Sieger kam aus Israel. Dies hatte zur Folge, dass sich das jordanische Fernsehen, das die Sendung ebenfalls übertrug, während der Punktvergabe ausblendete und seinen Zuschauern verkündete, dass Belgien (das mit Platz 2 sein bis dahin bestes Ergebnis erzielte) gewonnen habe. Im Zeitalter vor dem Internet dauerte es vermutlich einige Jahre, bis sie die Wahrheit erfuhren; den Siegertitel „A Ba Ni Bi“ sangen Izhar Cohen und die Gruppe Alpha Beta. Der Titel wird in einer Kindersprache gesungen, bei der jede Silbe beginnend mit dem Konsonanten B wiederholt wird; A Ba Ni Bi bedeutet also „Ani“, und das heißt nichts anderes als „Ich“. Das Gewinnerlied wurde erstmals seit vielen Jahren kein großer kommerzieller Erfolg; zum einen war die Plattenfirma vom Sieg offenbar selbst überrascht, sodass die Schallplatte erst einige Wochen später erschien (und dann auch nur in einer englischen Version; das hebräische Original ist außerhalb Israels erst mit Einführung der CDs herausgekommen), zum anderen, weil es von einigen Rundfunkredakteuren boykottiert wurde; vielleicht hätten sie lieber Baccara als Sieger präsentiert. Dirigentin war, wie schon 1973, Nurit Hirsh, die wieder auch Komponistin war. Es war das einzige Mal, dass das Orchester bei einem Siegertitel von einer Frau geleitet wurde.
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