Dienstag, 28. Juli 2020
1970
Spanien und das Vereinigte Königreich hatten den ESC in den letzten beiden Jahren ausgetragen, sodass die Entscheidung, welches Land den Wettbewerb 1970 ausrichtet, zwischen den Niederlanden und Frankreich fallen musste. Die Niederlande sagten zu, der Song Contest fand am 21. März in Amsterdam statt.

Die nordischen Länder, die schon zuvor unzufrieden mit der Sprachregelung waren, bemängelten das Wertungssystem, das im Vorjahr vier Sieger hervorbrachte und forderten eine Änderung. Als diese nicht eingeführt wurde, entschieden sich Norwegen, Finnland und Schweden zu einem Boykott und blieben der Veranstaltung fern. Portugal und Österreich, das schon 1969 aus anderen Gründen fehlte, schlossen sich an, sodass sich die Anzahl der Teilnehmer auf 12 reduzierte, weniger als in den gesamten 1960er Jahren.

Deutschland blieb dabei, schließlich hatte der ESC hier in den letzten Jahren wieder an Popularität gewonnen. Der Hessische Rundfunk führte eine Vorentscheidung durch, bei der sechs Lieder von verschiedenen Interpreten gesungen wurden. Zu diesen Künstlern gehörte neben Mary Roos und Roberto Blanco auch Kirsti Sparboe, die schon dreimal für ihr Heimatland Norwegen angetreten war. Der Sieg ging aber an die damals noch eher unbekannte Katja Ebstein. Ihr Lied „Wunder gibt es immer wieder“ erreichte Platz 3 beim ESC, das bis dahin beste deutsche Ergebnis, und wurde auch vom Publikum gut angenommen.



Der Siegertitel „All kinds of everything“ wurde für Irland von Dana gesungen, die damit eine internationale Karriere begann; für das Land war es der erste Sieg. In späteren Jahren machte sie auch als erzkonservative Parlamentsabgeordnete von sich reden.



Auch der britische Beitrag wurde, wie in den Vorjahren, ein internationaler Hit. „Knock knock, who‘s there“ wurde von Mary Hopkin gesungen, die dem Publikum noch von ihrem 1968er Erfolg „Those were the days“ bekannt war. Beim ESC erreichte das Lied Platz 2.



Der spanische Beitrag „Gwendolyne“ erreichte einen beachtlichen 4. Platz und wurde in seiner Heimat die meistverkaufte Schallplatte des Jahres, wurde aber in anderen Ländern kaum beachtet. Für den Sänger, Julio Iglesias, änderte sich das wenige Jahre später, er wurde der erfolgreichste spanischsprachige Sänger weltweit. Hiervon war er 1970 aber noch weit entfernt.




Für die gastgebenden Niederlande traten die Schwestern Patricia, Bianca und Stella Maessen an, die sich normalerweise als Trio „Hearts of Soul“ nannten; wegen der Spielregeln, die die Teilnahme von Gruppen untersagten, wurde offiziell Patricia als Hauptsängerin angemeldet, die anderen beiden als Begleitchor. Ihr Landsmann David Alexandre Winter vertrat Luxemburg und hatte einen hörbaren Akzent.

Ein außergewöhnlicher Beitrag kam aus Monaco: Die Interpretin Dominique Dussault verehrte in ihrem Lied „Marlène“ die deutsche Schauspielerin Marlene Dietrich, die damals in Paris lebte, machte aber gleich klar, dass sie die laszive Art zwar bewunderte, aber niemals selbst annehmen könnte. Den berühmten Liedertitel „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ aus dem Film „Der blaue Engel“ verfremdete sie zu „Sie sagte ‚Die Liebe, das ist mein Leben, nur auf die bin ich eingestellt‘“ und brachte diese Zeilen auf Deutsch in ihren Text ein, nur um sofort anzufügen, dass sie diese Worte niemals sagen würde.

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