Samstag, 25. Juli 2020
1967
Österreich richtete den ESC 1967 am 8. April in Wien aus. Am Anfang der Sendung trat Vorjahressieger Udo Jürgens als Dirigent auf und leitete das Orchester, das eine Walzerversion von „Merci Chérie“ spielte. Es folgte eine Begrüßung durch die Gastgeberin Erica Vaal, zunächst auf Deutsch. Sie wiederholte ihre recht umfangreichen Ausführungen für die angeschlossenen Länder der Eurovision, aber auch der osteuropäischen Interversion, auf Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch und Russisch, um sich dann bei den Zuschauern in Norwegen, Schweden, Finnland, den Niederlanden, Portugal und Jugoslawien zu entschuldigen, weil sie deren Sprachen nicht spreche, versprach aber, diese zu lernen, wenn der ESC das nächste Mal in Österreich stattfindet. Erica Vaal starb 2013, Österreich gewann den Wettbewerb erst wieder 2014, ich glaube aber nicht, dass es hierbei einen Zusammenhang gibt.

Dänemark verzichtete auf die Teilnahme, sodass erstmals weniger Länder als im Vorjahr dabei waren. Deutschland bestimmte seinen Beitrag, wie im Vorjahr, intern; diesmal fiel die Wahl auf „Anouschka“, interpretiert von der leidlich bekannten Inge Brück. Wieder gab es eine Platzierung im Mittelfeld, und wieder tauchte das Lied in den Verkaufslisten nicht auf.



Für Luxemburg trat Vicky Leandros an, damals noch ohne Nachnamen. Nach eigenen Angaben wurde sie 1952 geboren, der österreichische Kommentator kündigte sie allerdings als 17jährige in Hamburg lebende Griechin an. Ihr Lied „L‘amour est bleu“ belegte Platz 4 im Wettbewerb und wurde ein internationaler Erfolg, zum einen, weil Vicky das Lied in sieben Sprachen aufnahm, zum anderen durch die Instrumentalversion „Love is blue“ des Orchesters Paul Mauriat. Die Autoren des Liedes waren André Popp und Pierre Cour, die auch schon den Siegertitel 1960 „Tom Pillibi“ geschrieben hatten.



Zu Beginn der Lieder wurden die Titel in drei Sprachen angekündigt, und meist waren die Übersetzungen korrekt. Ausgerechnet der österreichische Beitrag „Warum es hunderttausend Sterne gibt“ war den Redakteuren aber vielleicht zu lang; auf Englisch und Französisch wurde er nur als „Why“ bzw. „Pourquoi“ eingeblendet. Der Sänger des Liedes war Peter Horten, der sich später wegen der Verwechslungsgefahr mit einer Kaufhauskette (die älteren Leser dieser Zeilen werden sich vielleicht erinnern) Peter Horton nannte.

Auch für Frankreich traten die Autoren eines früheren Siegertitels wieder an; Hubert Giraud und Pierre Delanoë hatten 1958 „Dors mon amour“ geschrieben. 1967 landete ihr „Il doit faire beau là-bas“, gesungen von Noëlle Cordier, auf Platz 3.



Der ESC passte sich langsam der modernen Zeit an, was sich auch bei der Kleidung der Künstler bemerkbar machte. Die Röcke wurden kürzer, wieder trug eine Sängerin einen Hosenanzug, und der Schwede verzichtete auf Fliege oder Krawatte und wählte stattdessen einen Rollkragenpullover. Auslöser diese Entwicklung war das Siegerlied 1965, das Serge Gainsbourg geschrieben hatte, und genau dieser trat auch 1967 wieder als Autor an, diesmal für Monaco. Die Sängerin Minouche Barelli prophezeit einen großen Knall zum Weltuntergang und beschließt, dass sie vorher noch einmal viel Spaß haben will: „Boum badaboum“!



Die Wertungsvergabe verlief zunächst ohne besondere Vorkommnisse, allerdings gab es nach einiger Zeit Probleme, die Punkte korrekt auf der Anzeigetafel darzustellen, was der Oberschiedsrichter Clifford Brown mehrmals korrigieren musste. Erica Vaal vesuchte, in der so entstandenen Pause einen Zwischenstand zu nennen, konnte aber die Wertungen offenbar schlecht sehen und irrte sich deshalb mehrmals. Bereits vor der letzten Jury, der irischen, begann sie, den Sieger zu verkünden, durch ein Raunen im Saal bemerkte sie ihren Fehler. Der irische Sprecher gab sarkastisch an, er habe gedacht, dass das Land ausgelassen wird – Erica Vaal hatte mehr als einmal Gelegenheit, die Worte „I‘m so sorry“ zu sagen.

Der Sieger stand allerdings schon viel früher fest, zu groß war der Abstand zu den anderen Liedern: „Puppet on a string“, gesungen von Sandie Shaw, bekam 47 Punkte, der zweitplatzierte irische Beitrag nicht einmal die Hälfte, nämlich 22. Der Titel vertrat das Vereinigte Königreich, das seine Taktik, offenbar erfolgreich, geändert hatte: Die BBC veranstaltete keine Vorentscheidungen mehr, sondern nominierte auch international populäre Künstler direkt, die dann mehrere Lieder zur Auswahl vorstellten. So war Sandie Shaw, deren Markenzeichen es war, dass sie barfuß auftrat, bereits durch Lieder wie „Long live love“ bekannt. Der Erfolg gab den Briten recht, alle bis 1975 so ermittelten Beiträge belegten einen der ersten vier Plätze beim ESC und wurden zudem kommerzielle Erfolge.



Nicht nur Sandie Shaw besang übrigens eine Spielzeugpuppe, nämlich eine Marionette, auch der norwegische Beitrag hieß „Dukkemann“, also „Hampelmann“.

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